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Geschäftsbericht
1. Juli 2018 bis 30. Juni 2020

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Geschäftsbericht 2020 - Editorial

Editorial von Gudrun Heute-Bluhm

Schier unglaubliche zwei Jahre liegen hinter uns. Städte sehen sich einer rasanten Änderung der politischen Schwerpunkte gegenüber und der Städtetag hat nach Kräften versucht, seine Mitglieder in der Bewältigung von Zukunftsthemen und krisenhaften  Herausforderungen zu unterstützen. Migration, Klimaschutz und die Corona-Pandemie sind Bundesthemen, ja Weltthemen. Sie haben als solche auch auf kommunaler Ebene alle anderen Themen kompromisslos in den Hintergrund gedrängt und die politische Grundstimmung beherrscht. Allen drei Mega-Themen ist jedoch gemein, dass sie dort am ehesten bewältigt werden können, wo vor Ort die Konzepte stimmen, die richtigen Antworten gegeben und im kommunalen Alltag umgesetzt werden.

Ende 2018 …

... gingen die Flüchtlingszahlen langsam zurück. Die Stadtgesellschaft atmete ein wenig auf und der Städtetag versuchte, für die finanziellen Belastungen mit dem Land einen dauerhaften Ausgleichsmechanismus zu vereinbaren. Die Städte und Gemeinden sahen sich vor die schwierige Aufgabe gestellt, die Integration von Menschen zu ermöglichen, die aus höchst unterschiedlichen Gründen ihr Heimatland verlassen hatten. Wer vor dem Bürgerkrieg nach Deutschland geflohen war, den treiben die Sorgen um die Angehörigen und sein Heimatland mehr um als die Frage, wie man in Deutschland Arbeit findet. Wer wegen Hunger und Armut seine Heimat verlassen hat, um in Deutschland Arbeit zu suchen, bekam keine Aufenthaltsbewilligung. In der Zwischenzeit haben Bund und Land die Regelungen der Arbeitszuwanderung angepasst. Deutschland ist endlich auch regulatorisch zum Zuwanderungsland geworden, ohne Tür und Tor für jegliche Form von Einwanderung zu öffnen. Mit der inzwischen gefundenen Regelung wird den langjährigen Bemühungen des Städtetags, auch in Baden-Württemberg, letztlich Rechnung getragen. Der Versuch, den Spagat zwischen Arbeitskräftemangel und Fluchtgeschehen konstruktiv zu bewältigen, scheint mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz fürs erste
gelungen. Ein Arbeitsplatz als wichtigstes Mittel der Integration erleichtert den Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg, die Neuankömmlinge in die Stadtgesellschaft zu integrieren. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass nur die davon profitieren, die sich an unsere Regeln halten.


Das Jahr 2019 ...

... war zunächst geprägt durch die Kommunalwahlen und die gleichzeitig stattfindende Europawahl. Inhaltlich stand das Thema Klimaschutz im Vordergrund. Mit „Fridays for Future“ forderte nicht nur die junge Generation verstärkte Anstrengungen zum Klimaschutz. Das Thema erreichte die Mitte der Gesellschaft und schob sich auf die vordersten Ränge der politischen Agenda. Dies ermöglichte parteiübergreifende Anstrengungen zu verstärktem Klimaschutz zu realisieren.
Erstaunlich schien, dass in der öffentlichen Wahrnehmung die kommunale Seite eher weniger Beachtung findet, insbesondere die jungen Klimaschützerinnen und Klimaschützer sich über die Aufgaben der jeweiligen staatlichen Ebenen nicht im Klaren sind. Der Städtetag bemühte sich, seinen Mitgliedern Handlungsoptionen jenseits der Proklamation des Klimanotstandes aufzuzeigen und beim Umweltministerium für praktikable Lösungen im Zusammenhang mit der Novellierung des Klimaschutzgesetzes zu werben. Der Fokus richtet sich dabei auf die Potenziale der Wärmeplanung und der übergreifenden Konzepte wie dem European Energy Award.

Zunächst eher unbemerkt von der kommunalen Öffentlichkeit stand das Jahr 2019 für den Städtetag auch im Zeichen der Digitalisierung. Die neu geschaffene Stabstelle bei der Geschäftsführung koordiniert die Arbeit, während im Übrigen jedes Dezernat in seinem fachlichen Kontext die neuen digitalen Arbeitsformen in die Verwaltung zu tragen bemüht ist. Auf der Grundlage der mit dem Land getroffenen E-Government-Vereinbarung konnten die kommunalen Landesverbände den Bauplan für das digitale Rathaus entscheidend mitgestalten. Es gilt, komplexe Verwaltungsprozesse zu verschlanken und in ihren regulatorischen Anforderungen zu hinterfragen, bevor sie digitalisiert werden. Diese grundlegende Neuausrichtung geht weit über die durch das Online-Zugangsgesetz bundesgesetzlich geforderte vordergründige Gewährleistung eines digitalen Zugangs hinaus. Insofern ist es folgerichtig, dass Land und Kommunen sich inzwischen auf eine Doppelstrategie verständigt haben und für einfache Verwaltungsprozesse den vom Digitalisierungsministerium selbst entwickelten Universalprozess nutzen. So kann „schnell“ mit „gründlich“ sinnvoll und zukunftsweisend kombiniert werden. Um im Bild zu bleiben: Das digitale Rathaus erhält weitere Türen.

Das unverzichtbare Fundament dieses Hauses, die flächendeckende Versorgung mit dem schnellen Internet, machte ebenfalls Fortschritte. Nachdem es über Jahre nicht gelungen war, die privaten Netzanbieter zu einer transparenten Kooperation zu bewegen, hat das Land richtigerweise konsequent auf die milliardenschwere Förderung des Ausbaus durch die kommunalen Akteure gesetzt. 91,8 Prozent aller Haushalte in Baden-Württemberg sind bereits mit mindestens 50 Mbit/s versorgt. Nimmt man alle bereits bewilligten Ausbauvorhaben als gesichert an – bis 2025 auch mit einem glasfaserbasierten Gigabit-Netz. Der Städtetag hat gemeinsam mit den Schwesterverbänden und mit Unterstützung des Europabüros von Anfang an großen Wert darauf gelegt, die europarechtlichen Hürden für eine lückenfüllende Förderkulisse zu überwinden.
Parallel dazu bemüht sich der Verband, inzwischen gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium, beim 5G-Ausbau die Weichen für den zukunftsweisenden Ausbau des Mobilfunknetzes zu stellen. Denn die berüchtigten Funklöcher sind weniger auf fehlende Glasfaser als auf mangelhafte Versorgung mit Mobilfunkmasten zurückzuführen und hier regt sich Widerstand in der Bürgerschaft, dem wiederum nur konkret, kommunal und kommunikativ beizukommen ist.

Als Leuchtturm der Digitalisierungsstrategie des Städtetags und Kernstück der gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut betriebenen Digitalakademie entwickelt sich zunehmend das Netzwerk der Digitallotsen. Kommunale Erfahrung zeigt, dass es gleichermaßen auf ein zukunftsweisendes Führungskonzept wie auf die Begeisterungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ankommt. Kommunalverwaltung hat eine lange und gute Tradition und es ist wichtig, diejenigen in den Wandel mitzunehmen, die es „immer schon so und nicht
anders“ gemacht haben. Zunächst nur als Schulungsidee beim Land zur Bezuschussung angemeldet, interessieren sich nun bundesweit Schwesterverbände und Ministerien für das Konzept. Nach der Basisschulung gibt es sowohl weitere Vertiefungsmodule als auch vor allem die vom Städtetag organisierten Vernetzungsevents, in denen regional-analog wie auch digital die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch geboten ist. Die Städte haben in Bezug auf die Digitalisierung unterschiedliche Reifegrade. Das Netzwerk möchte auch kleine Städte unterstützen, die hingegen oft mit interessanten Innovationen punkten. Das Besondere ist, dass das Netzwerk von sechs unterschiedlich großen Städten geleitet wird. Netzwerkbildung und -schulung bilden damit einen weiteren Baustein des Kompetenznetzwerks Städtetag.

Der vierte große Themenschwerpunkt unserer Digitalisierungsstrategie ist der Bildungssektor. Schon seit dem Beginn der Legislatur hatte sich der Städtetag dafür stark gemacht, die längst fachlich geeinten Multimedia-Richtlinien verbindlich zu machen. Die Angst des  Landes, einen Konnexitätstatbestand zu schaffen, zwang den Städtetag, seinen Mitgliedern diese wichtige fachliche Direktive zumindest als eigene Empfehlung an die Hand zu geben. Dies hat sich inzwischen bewährt, denn der Digitalpakt des Bundes und der Länder erfordert einen Medienentwicklungsplan als Voraussetzung für die ansonsten erfreulich unbürokratische Mittelzuweisung an die Schulträger. Die im Corona-Konjunkturpaket beschlossene zweite Stufe, die Bereitstellung der Mittel für eine leihweise Ausstattung der bedürftigen Schülerinnen und Schüler, sowie die Ausstattung der Lehrer mit mobilen Endgeräten kommt spät, aber nicht zu spät. Sie dient als Grundlage für einen einheitlichen pädagogischen Ansatz. Gleichzeitig wird durch die großen Investitionen deutlich, dass die Schulträger in Baden-Württemberg mit der digitalen Ausstattung der Schulen überfordert sind.

Schwierig gestalteten sich die Finanzverhandlungen mit dem Land im Jahr 2019. Erst am 16. Dezember 2019 konnte die Gemeinsame Finanzkommission eine gemeinsame Empfehlung abgeben, und damit erstmals in der Geschichte dieser Einrichtung erst nach Verabschiedung des Staatshaushaltsplans. Im Oktober hatte es nur zu einem „Bericht zur Gewährleistung des prozeduralen Schutzes der kommunalen Selbstverwaltung“ gereicht, in dem die einzelnen Dissenspunkte aufgelistet wurden. Die kommunale Seite hatte drauf bestanden, die Mega-Themen der Flüchtlingskosten und des Konnexitätsausgleichs für das Bundesteilhabegesetz in ein Einigungspaket einzubeziehen. Im Nachgang konnte dies schließlich für die beiden genannten Themen gelöst werden, nicht jedoch einvernehmlich für die Ergänzung des Finanzausgleichsgesetzes um den sogenannten Flächenfaktor bei den Schlüsselzuweisungen. Die schließlich beschlossene Änderung geht auf eine Einigung im Koalitionsvertrag zurück, auf deren Vollzug die CDU-Fraktion bestand, ohne sich auf eine fachlich fundierte Sachdiskussion einzulassen. Aus Sicht des Städtetags ist nicht die Dimension der Umverteilung das zentrale Problem, sondern der unlogische Anknüpfungspunkt für diesen Eingriff: Eine Verteilung mit der Gießkanne orientiert sich nicht an den Aufgabenschwerpunkten im ländlichen Raum, dem sie vorgibt zugute zu kommen.

Das Jahr 2020 ...

... brachte uns die Pandemie. Wie bei keinem Thema zuvor sind hier die staatlichen Ebenen aufeinander angewiesen. Es hat sich gezeigt, dass nicht nur der Föderalismus Deutschland eine bessere Chance bot, dem Virus Paroli zu bieten. Vielmehr ist es die kommunale Selbstverwaltung, die mutige Eigenverantwortung der Führung unserer Städte und Gemeinden, aber auch der Landkreise, die eine schnelle und zielgenaue Reaktion vor Ort ermöglicht. In Deutschland kann ein Landrat Schutzausrüstung selbst beschaffen und eine Oberbürgermeisterin eine Kindertagesstätte schließen, ohne zwingend auf das Ok „von oben“ zu warten. Landkreise und Stadtkreise haben die Gesundheitsämter personell gestärkt und Krankenhäuser vorbereitet und dafür die erforderlichen eigenen Finanzmittel eingesetzt, was die besondere Stärke und Resilienz der deutschen kommunalen Selbstverwaltung im europäischen Kontext unterstreicht.
Während die Finanzverhandlungen 2019 noch die Frage aufgeworfen hatten, welchen Respekt die Landespolitik wirklich gegenüber ihren kommunalen Partnern empfindet, ob sie sich zu der von uns eingeforderten „prozeduralen Augenhöhe“ bekennt, hatte sich dieser Eindruck auf dem Höhepunkt der Pandemie relativiert. Von Anbeginn wurden die Spitzen der kommunalen Landesverbände in die Beratungen der von der Landesregierung eingesetzten Lenkungsgruppe beim Staatsministerium einbezogen. Damit haben die  Kommunen in Baden-Württemberg eine bundesweit einzigartige Gesprächsebene mit dem Land gefunden. Gleichwohl haben diese Gespräche nicht verhindern können, dass die zahllosen Änderungen der CoronaVO jeweils ohne unsere Stellungnahme beschlossen und an Wochenenden verkündet wurden. Leider hat die Landesregierung während der Shutdown-Phase auch unseren Vorschlag nicht aufgegriffen, frühzeitig über mögliche Lockerungen in Szenarien zu sprechen. Mit den Schwesterverbänden hatten wir eine  vorausschauende Diskussion von Regelungen eingefordert, die es ermöglicht, die kommunalen Erfahrungen der Praxis einzubringen.

Abgesehen jedoch von diesen Details hat sich die Zusammenarbeit mit dem Land Baden-Württemberg in eine neue und deutlich kooperativere und wertschätzende Richtung entwickelt. Dies hat sich auch in den Verhandlungen um den kommunalen Rettungsschirm gezeigt, den das Land in Folge der Entscheidung des Bundes zur Kompensation der Gewerbesteuerausfälle gespannt hat. Landesregierung und Parlament haben zu erkennen gegeben, dass ihnen die Bedeutung der kommunalen Ebene bewusst ist und das Ziel
der Verhandlungen stets darauf gerichtet sein muss, deren Funktionsfähigkeit zu erhalten und zu stärken.

Blick voraus ...

Verbandsarbeit verändert sich dynamisch im Rhythmus politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen. Der neue Webauftritt des Städtetags will dies verdeutlichen und zugleich allen Mitgliedern eine zeitgemäße Plattform für den Erfahrungsaustausch bieten.In ihrem traditionellen Kernbereich, der Vertretung kommunaler Finanzinteressen gegenüber Land und Bund, haben die kommunalen Landesverbände im Berichtszeitraum effizient und vertrauensvoll zusammengehalten und konnten damit durchaus beeindruckende Erfolge erzielen.

Bedarf es in finanziellen Fragen einer gelebten kommunalen Einigkeit, zeigt der Städtetag seine besondere Stärke als Kompetenznetzwerk und in der aktiven Mitwirkung der Expertinnen und Experten aus unseren Mitgliedstädten. Herzstück dieser Mitwirkung sind die Arbeitsgemeinschaften, die mittlerweile auf über 60 angewachsen sind. Großer Dank gebührt denjenigen Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern und Führungskräften in unseren Verwaltungen, die sich ehrenamtlich in die Leitung einer Arbeitsgemeinschaft einbringen.

Im Zuge der Corona-Krise hat sich der Schwerpunkt naturgemäß nicht nur inhaltlich verlagert, sondern sich auch in der Art der Beratung gewandelt. Mehr als je zuvor waren die Mitglieder im Zuge der Corona-Krise auf eine effiziente Weitergabe und Aufbereitung aller relevanten Entscheidungen des Landes angewiesen, nicht selten am Wochenende. Ein Großteil der Kommunikation hat sich in der Form der Videokonferenz abgespielt. Diese wird zumindest teilweise die Präsenzveranstaltungen auch künftig ersetzen oder ergänzen,
ermöglicht sie es doch jedem, ohne Fahrtzeit gezielt zu den interessanten Themen an einer Sitzung teilzunehmen. Es wird auf eine gute Mischung ankommen. Denn Vertrauen und Mut zu neuen Konzepten entstehen auch aus der persönlichen Begegnung und nicht allein am Bildschirm.

Auch für den zurückliegenden Berichtszeitraum bestätigt sich ferner die Strategie, zentrale landespolitische Themenschwerpunkte durch Förderung kommunaler Beratungsstellen bei den kommunalen Landesverbänden anzusiedeln. Insbesondere die Einbeziehung dieser Stellen in das Team der Geschäftsstelle ermöglicht eine unkomplizierte Initiativberatung unserer Mitglieder. Die Zukunft wird darin liegen, die direkte Beratung eng zu verknüpfen mit weitergehenden Schulungs- und Beratungsangeboten privater Kooperationspartner. Dabei dürften inhaltlich die Schwerpunkte bleiben: Digitalisierung der Rathäuser, Unterstützung der Mitglieder in Fragen des Klimaschutzes und Mitwirkung an neuen Formen der Mobilität. Die Gespräche über die zeitgemäße Definition von
Schulträgerschaft im 21. Jahrhundert sind bereits aufgenommen und werden sich nicht auf die digitale Ausstattung der Schulen beschränken. Auch die Rolle der Städte und Gemeinden im Bereich Gesundheit und Quartiersarbeit verändert sich und bedarf einer zukunftsfähigen Profilierung.

Stabsstelle Digitalisierung

529 Digitallotsen in den Kommunen sind noch nicht genug

Die Stabsstelle Digitalisierung fokussiert sich auf den Kompetenzaufbau einer zunehmend digitalen Kommunalverwaltung und die Vernetzung der Experten in den Mitgliedstädten. Ziel ist die Entwicklung einer Gesamtstrategie zur digitalen Transformation der einzelnen Stadt und die Nutzung digitaler Technologien. Das Projekt „Digitale Stadt“ unterstützt die Mitgliedstädte bei der Fördermittelakquise für digitale Projekte, wie beim Wettbewerb „Gemeinden, Städte und Landkreise 4.0 - Future Communities“, bei dem bereits 74  Digitalisierungsprojekte in Baden-Württemberg vom Land gefördert wurden. Die Kommunalen Digitallotsen sind zu einer Marke des Städtetags geworden. 295 Städte und Gemeinden und 27 Landkreise haben zwischenzeitlich Kommunale Digitallotsen über das Landesförderprogramm qualifizieren lassen. Einige Städte und Landkreise haben das Potenzial erkannt und teilweise flächendeckend in der Verwaltung weitere Digitallotsen auf eigene Kosten qualifiziert.

Anfragen aus Brandenburg, Hessen, Bayern und Sachsen sowie dem Netzwerk Junge Bürgermeister*innen zeigen deutlich, dass der Städtetag in Baden-Württemberg eine Kernbotschaft bei der Digitalisierung mit unseren Kommunalen Digitallotsen verbreitet hat: „Ein Chief Digital Officer (CDO) schafft die Digitalisierung der Kommune nicht alleine - aber mit Multiplikatoren in allen Bereichen der Verwaltung kann er Prozesse verändern, vereinfachen und Ziele erreichen. Durch die Vernetzung der einzelnen Akteure kann die Digitalisierung in allen Lebensbereichen gelingen“.1587 Kommunale Digitallotsen können bis August 2022 gefördert werden. Ab Herbst 2020 werden einige Aufbauprogramme sowie Teile des Qualifizierungsprogrammes auch digital angeboten. Das  Qualifizierungsprogramm wird evaluiert und durch flexible Formate auch für kleinere Kommunen attraktiver. Bei Vernetzungstreffen können sich die Kommunalen Digitallotsen untereinander austauschen und sich gleichzeitig durch qualifizierte Trainerinnen und Trainer weiterbilden. Eine Win-Win-Situation auch innerhalb der Digitalakademie@bw.

1,687 Millionen Euro für Innovationspartnerschaften zwischen Kommunen und der Mobilitätswirtschaft

Innovationspartnerschaften zwischen Kommunen und der Mobilitätswirtschaft (InKoMo 4.0) gibt es, solange es die Mobilitätswirtschaft gibt. Seit April 2018 werden im Projekt InKoMo 4.0 im Rahmen des Strategiedialogs Automobilwirtschaft (SDA) insbesondere die erfolgreichen Partnerschaften der letzten Jahre analysiert und auf weitere Kommunen angepasst. Mit einer Förderung von rund 1,687 Millionen Euro hat das Innenministerium fünf Innovationspartnerschaften zwischen Städten und der Mobilitätswirtschaft in Baden-Württemberg 2019/2020 prämiert. Das Ziel: Nicht jeder soll das Rad neu erfinden und nicht jedes Produkt sollte immer wieder aufs Neue von einzelnen Kommunen getestet werden müssen. Als Leuchtturmprojekt des Themenfelds zielt InKoMo 4.0 darauf ab, Anbieter von digitalen Mobilitätslösungen mit Gemeinden, Städten und Landkreisen zusammenzubringen, um für eine schnelle Umsetzung erprobter Anwendungen in der Fläche zu sorgen. Die Geschäftsstelle des Projekts ist beim Städtetag angesiedelt. Sie besteht aus
einer Projektleitung mit Assistenz und wird durch VDI | VDE | IT zum Thema „digitale Mobilität“ beraten und unterstützt. Mit einer Reihe von Beratungsangeboten, Informationsveranstaltungen und Workshops erreichte InKoMo 4.0 bislang mehr als 150 Kommunen und
Unternehmen und unterstützte damit die Bildung neuer regionaler Allianzen. Unter www.inkomo-bw.de findet sich ein digitaler Innovationspeicher, der Kommunen und Unternehmen mit digitalen Mobilitätsprojekten im Land Baden-Württemberg sichtbar macht und konkrete Lösungen mit kommunalen Bedarfen zusammenbringt.

Stabsstelle Zentrale Dienste

26 Städte sind Piloten in der Ausbildung von Digitalen Verwaltungsmanagern

Geeignetes Personal zu gewinnen, zählt zu den großen Herausforderungen der Städte. Der Städtetag engagiert sich auf vielen Ebenen, um diese Personalgewinnung zu unterstützen und die Städte als moderne Arbeitgeber zu präsentieren. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Hochschulen für öffentliche Verwaltung. Dem Städtetag war und ist es ein Anliegen, die Attraktivität des Verwaltungsstudiums zu erhöhen und hierfür in Zusammenarbeit mit den Städten gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Seit mehreren Jahren sind die Bewerberzahlen für den gehobenen Verwaltungsdienst rückläufig. Aus diesem Grund wurde neben einer Modernisierung des Studiengangs vor allem eine Neugestaltung des Zulassungsverfahrens auf den Weg gebracht. So ist es gelungen, ein für Bewerber*innen flexibleres und unkompliziertes Verfahren einzuführen. Mit Bewerbung zum Studienbeginn 2021 wird es zum ersten Mal möglich sein, sich ganzjährig zu bewerben und sich auch als Spätentschlossene*r in das Bewerbungsverfahren einzuklinken. Doch auch neben
dem klassischen Verwaltungsstudium wurde Neues angestoßen.

Der Städtetag hat sich maßgeblich für den neuen Studiengang „Digitales Verwaltungsmanagement“ eingesetzt. Die Digitalisierung der Verwaltung braucht kompetente und begeisterte Umsetzer vor Ort. Folgerichtig wurde in Zusammenarbeit mit den  Verwaltungshochschulen ein eigens auf die Kommunen zugeschnittener Studiengang entwickelt. Den Studierenden sollen Kenntnisse und Handlungskompetenzen vermittelt werden, um die digitale Transformation der Kommunen voranzutreiben. Grundkenntnisse in der IT sollen verknüpft werden mit dem Wissen um die Kernverwaltungsprozesse. 26 Städte erklärten sich sofort bereit, einen Ausbildungsplatz anzubieten und als „Piloten“ zu agieren. Im September 2020 begannen die ersten Student*innen und unterstützen von nun an die Städte in ihrem digitalen Wandel.

60 Prozent der Beschäftigten hatten vor der Pandemie noch keine Erfahrung mit der Arbeit im Homeoffice

Kurzarbeit im öffentlichen Dienst – ein vor Corona noch undenkbares Szenario. Doch wie viele andere Bereiche hat das neuartige Virus auch den Themenbereich des Personals in besonderer Weise berührt und die Städte vor komplexe Herausforderungen gestellt. Mit Risikogruppen innerhalb der Stadtverwaltung umzugehen, sich als Organisation kurzfristig an die Krise anzupassen und Heimarbeitsplätze einzurichten – all dies erforderte schnelles Handeln vor Ort in den Städten. Der Städtetag stand in dieser Zeit mit Rat und Tat zur Seite. So waren im Bereich der Kurzarbeit teils komplizierte Verhandlungen mit der Bundesagentur für Arbeit zu führen.

Gleichzeitig waren zahlreiche, noch nie da gewesene beamtenrechtliche Fragestellungen zu klären und mit dem Land abzustimmen. Insgesamt hat nicht zuletzt Corona nochmals exemplarisch aufgezeigt, dass auch das Beamtenrecht an einigen Stellen einer Flexibilisierung und Fortentwicklung bedarf. So wünschen sich die Städte – um zwei Beispiele zu nennen - geeignete Möglichkeiten, dauerhaft gute Leistungen von Beamten besser honorieren zu können und die zeitweise Übernahme eines höherwertigen Amtes durch Zulagen attraktiver zu gestalten. Der Städtetag wertet auch dies als einen wichtigen Baustein, die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu steigern und wird deshalb weiterhin diese Forderungen auf Landesebene platzieren. Home-Office wird im öffentlichen Dienst bald zum Alltag gehören.
Dienstreisen werden nach ihrer Notwendigkeit hinterfragt und die Digitalisierung vorangetrieben. All dies wird die Arbeitswelt verändern. Corona könnte darüber hinaus zu einem verstärkten Sicherheitsbedürfnis der Menschen führen und die öffentlichen Arbeitgeber wieder mehr in den Fokus rücken. Gut und wichtig, dass die Städte in dieser Zeit ihrer Vorbildfunktion als öffentliche Arbeitgeber gerecht wurden.

Dezernat I - Finanzen, Umwelt und Verkehr

39 Wildbienenarten sind in Deutschland inzwischen ausgestorben

Ein neues Naturschutzgesetz für Baden-Württemberg verabschiedete das Land im Jahr 2020 unter dem Druck des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“. Im Mai 2019 initiierte ein Zusammenschluss verschiedener Verbände und Organisationen auf Initiative von proBiene das Volksbegehren für mehr Artenschutz in Baden-Württemberg. Das Land verhandelte daraufhin mit den unterzeichnenden Verbänden und reagierte im Oktober 2019 mit einem Eckpunktepapier auf das Volksbegehren. Ende 2019 wurde das Eckpunktepapier in einem Entwurf des „Gesetzes zur Stärkung der biologischen Vielfalt in Baden-Württemberg“ vom Land konkretisiert. Das Volksbegehren ruhte zwischenzeitlich und der Trägerkreis beschloss, die Mobilisierung nicht wieder aufzunehmen. Unstreitig betreffen zahlreiche Maßnahmen aus dem Gesetzesentwurf die Kommunen. In einer gemeinsamen Stellungnahme der Kommunalen Landesverbände begrüßte der Städtetag die Verbesserung des landesweiten Biotopverbundes ebenso wie das Verbot von Schottergärten auf privaten Grundstücken. Besonders negativ beurteilte der Städtetag hingegen das sehr weitgehende Verbot der Fassadenbeleuchtung insbesondere für bauliche Anlagen der öffentlichen Hand sowie die Verpflichtung der Neugestaltung und Umrüstung von Beleuchtungsanlagen bis 2030. Das neue Naturschutzgesetz wurde im Juli 2020 vom Land verabschiedet und trat zum 1. August 2020 in Kraft. Wesentliche Punkte sind die Reduktion der chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel um 40 bis 50 Prozent bis 2030, der Aufbau eines landesweiten Biotopverbunds auf 15 Prozent der Landesfläche bis 2030, der Erhalt von Streuobstbeständen, das Verbot von Schottergärten auf Privatgrundstücken und und – trotz der Kritik des Städtetags – das Verbot der Beleuchtung baulicher Anlagen der öffentlichen Hand. Das Thema Artenschutz ist bei den Kommunen bereits angekommen und wird schon heute vielerorts kreativ und entsprechend den örtlichen Möglichkeiten umgesetzt.

4,3 Milliarden Euro für den Kommunalen Zukunfts- und Stabilitätspakt

Die Haushaltslage der Städte, Gemeinden und Landkreise hatte sich durch die Corona-Pandemie in kürzester Zeit dramatisch verschlechtert. Die gemeinsame Erhebung der Kommunalen Landesverbände ergab zum Stichtag 15. Mai 2020 ein Defizit in den kommunalen Kassen von 780 Millionen Euro, zum Beispiel durch entfallene Beiträge für Kinderbetreuung, aber auch durch Corona-bedingte Mehrbelastungen kommunaler Krankenhäuser oder durch zusätzliche Ausgaben, etwa für Schutzausrüstung. Bei der
allgemeinen Finanzausstattung der Kommunen war die Lage noch weitaus problematischer: Allein aus der Mai-Steuerschätzung 2020 ergaben sich Mindereinnahmen von insgesamt 3,8 Milliarden Euro. Insgesamt betrug das zu erwartende Defizit der Kommunen im Land rund 4,6 Milliarden Euro. Mit seinem Konjunkturpaket vom 3. Juni 2020 setzte der Bund ein starkes Signal: Die Kommunen werden mit den Belastungen nicht alleine gelassen. Unter diesen Vorzeichen standen auch die Verhandlungen in der Gemeinsamen Finanzkommission. Am 20 Juli 2020 haben sich Land und Kommunale Landesverbände auf einen „Kommunalen Stabilitäts- und Zukunftspakt“ verständigt. Mit insgesamt rund 4,27 Milliarden Euro von Land und Bund wurden coronabedingte Mindereinnahmen und
Mehraufwendungen der Kommunen im Jahr 2020 anteilig ausgeglichen, Zuweisungen erhöht und wichtige öffentliche Aufgaben der Kommunen unterstützt. Dem Städtetag war bei den Verhandlungen mit Blick auf die Aufstellung von Nachtragshaushalten in den Kommunen und auf drohende Haushaltssperren wichtig, noch vor der Sommerpause Klarheit und Verbindlichkeit zu bekommen. Das Paket befähigte die Kommunen, auch im Krisenjahr 2020 ihre Haushalte zu vollziehen. Flächendeckende Haushaltssperren
im Land konnten vermieden werden. Im Ergebnis wurde eine faire und gerechte Lastenteilung zwischen Land, Bund und Kommunen vereinbart.

103 Städte zur Erstellung von Wärmeplänen verpflichtet

Klimanotstand, Fridays for Future und Greta Thunberg prägten im Jahr 2019 maßgeblich die politische Diskussion und Landschaft in Europa, Deutschland und Baden-Württemberg. Diese politische Grundstimmung war jedoch bei den Verhandlungen über das „Gesetz zur Weiterentwicklung des Klimaschutzes in Baden-Württemberg“ nicht durchgehend spürbar. Seit der Bekanntgabe der Eckpunkte zur Weiterentwicklung des Klimaschutzes im Jahr 2018 hat der Städtetag viele Abstimmungsrunden zur Ausgestaltung des Gesetzesentwurfs geführt – dennoch bleibt das Gesetz in vielen Punkten deutlich hinter den Erwartungen der Kommunen zurück, vor allem im Verkehrssektor. Die „Vorbildfunktion der öffentlichen Hand“, die das Gesetz auch den Kommunen zuweist, leben die Städte
und Gemeinden seit Jahren vor und zeigen mit innovativen Ideen, wie erfolgreich diese Herausforderung gemeistert werden kann. Daher unterstützen die Kommunen die Zielrichtung des Landes, beim Klimaschutz voranzukommen. Der Städtetag hat es stets positiv begleitet, dass die 103 größten Städte im Land mit der Gesetzesnovelle gesetzlich verpflichtet werden, Wärmepläne zu erstellen. Mit diesem strategischen Instrument als Grundlage können die Städte eine effiziente und klimaneutrale
Wärmeversorgung bis 2050 sicherstellen. Als weiteren wichtigen Baustein im Bereich Klimaschutz konnten die Kommunalen Landesverbände und das Land nach intensiven Verhandlungen Mitte 2020 schließlich eine zweite Fortschreibung des „Klimaschutzpakts mit den Kommunen“ vereinbaren. Die Bündnispartner sind sich darin einig, bis 2040 eine weitgehend klimaneutrale Kommunalverwaltung erreichen zu wollen. Um dies zu ermöglichen, stehen für die nächsten beiden Jahre Fördermittel von rund 27 Millionen Euro zur Verfügung, mit denen entsprechende Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt werden können.

320 Millionen Euro jährlich für kommunale Verkehrsvorhaben

Der Ausbau und Erhalt der kommunalen Verkehrsinfrastruktur ist eine der zentralen Zukunftsaufgaben der nächsten Jahre. Im Sommer 2018 haben sich Land und Kommunen in der Gemeinsamen Finanzkommission folgerichtig darauf verständigt, die Förderung nach dem Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG) – überwiegend aus kommunalen Mitteln – auf insgesamt 320 Millionen Euro jährlich zu erhöhen. Die Fördermittel verteilen sich ab 2020 auf die Förderbereiche Kommunaler Straßenbau, einschließlich Brückensanierung und Bahnübergänge, zu 40 Prozent (128 Millionen Euro/Jahr) und Umweltverbund, einschließlich kommunaler Rad- und Fußverkehrsinfrastruktur, zu 60 Prozent (192 Millionen Euro/Jahr). Durch die Betonung des Umweltverbunds und die neugeschaffene Möglichkeit, besonders klimawirksame Maßnahmen mit einem erhöhten Fördersatz von 75 Prozent zu fördern, wurde das LGVFG nun an den Zielen des Klimaschutzes ausgerichtet. Nicht zufriedenstellend ist nach wie vor die Beschränkung der Härtefallregelung auf „erhebliche“ Kostensteigerungen von mehr als 50 Prozent gegenüber den zuwendungsfähigen Kosten. Um ihre Verkehrsverhältnisse zu verbessern, standen den Kommunen auf Bundesebene bis Ende 2019 nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) jährlich rund 333 Millionen Euro zur Verfügung. Bis 2025 werden die Mittel im Rahmen der Klimaschutzmaßnahmen auf dann 2 Milliarden Euro pro Jahr insgesamt versechsfacht. Zugleich werden die Fördermöglichkeiten erweitert und die Fördersätze angehoben. Der Bund reduziert darüber hinaus die Mindestvorhabengrenze von derzeit 50 Millionen Euro je nach Fördertatbestand auf bis zu 10 Millionen Euro. So können künftig auch kleinere Vorhaben über das GVFG gefördert  werden. Das GVFG stellt damit künftig mehr denn je eine wichtige Ergänzung des LGVFG für die Kommunen dar.

1,8 Milliarden Euro Grundsteueraufkommen jährlich für die baden-württembergischen Kommunen

Die Grundsteuer ist eine konstante, krisenfeste Einnahmequelle und daher für die Städte und Gemeinden von besonderer Bedeutung. 2018 jedoch entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Grundsteuer wegen veralteter Grundstückswerte nicht mehr verfassungsgemäß ist. Der Bundesgesetzgeber hat darauf Ende 2019 mit einem Modell einer wertorientierten Grundsteuer reagiert, bei der neben Bodenrichtwert und Grundstücksfläche auch Immobilienart, Nettokaltmiete, Gebäudefläche und Gebäudealter zu berücksichtigen sind. Im Gesetzespaket enthalten ist auch eine Länder-Öffnungsklausel, die abweichende landesrechtliche Regelungen ermöglicht. Von dieser Regelung wird Baden-Württemberg als erstes Bundesland Gebrauch machen. Der Städtetag hatte sich bereits früh für ein Bodenwertsteuermodell ausgesprochen, das um eine Lenkungskomponente ergänzt werden sollte, um Belastungsverschiebungen zwischen Gewerbe und Wohnen abzumildern. Im Vordergrund stand dabei die Entwicklung einer zeitnahen,  verfassungskonformen und möglichst einfach umzusetzenden Lösung. Der Entwurf des Landesgrundsteuergesetzes orientiert sich weitgehend an diesen Überlegungen. In den nächsten Jahren müssen rund 5,6 Millionen Steuerobjekte neu bewertet und anschließend die kommunalen Hebesätze und die Grundsteuer neu festgesetzt werden. Dabei wird es zu Verschiebungen und Mehrbelastungen einzelner Objekte kommen, vor allem bei größeren, mit älteren Ein- und Zweifamilienhäusern bebauten Grundstücken, da diese nach
der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bisher zu gering belastet wurden. Der Städtetag Baden-Württemberg hat zugesagt, die Reform nicht zum Anlass für Steuererhöhungen zu nehmen. Deshalb unterstützt der Städtetag seine Mitglieder darin, die Hebesätze so zu ändern, dass die Reform vor Ort aufkommensneutral umgesetzt werden kann.

Ausblick

Die Folgen der Corona-Pandemie werden die Kommunen in vielerlei Hinsicht noch auf lange Zeit belasten – auch und gerade mit Blick auf die Kommunalfinanzen. Unbestritten waren die großen Hilfspakete in der Krise von unschätzbarem Wert für die Städte und Gemeinden. Doch sie reichen bislang nicht über 2020 hinaus – hingegen werden viele Folgen der Corona-Pandemie erst 2021 oder 2022 zu Buche schlagen, etwa Ausfälle bei Gewerbe- und Einkommenssteuer oder auch die Auswirkungen der Krise auf die Sozialsysteme. Vielen Kommunen wird es schon im Herbst 2020 nicht mehr gelingen, einen ausgeglichenen Haushalt für das kommende Jahr aufzustellen. Es gilt daher auch weiterhin, in gemeinsamen Anstrengungen von Bund, Land und Kommunen die finanzielle Lage der Kommunen zu stabilisieren.
Zugleich wird es an den Kommunen sein, die anderen großen Themen unserer Zeit – allen voran den Klimaschutz – wieder in den Vordergrund der eigenen Arbeit, aber auch in das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger zu rücken. Die Verkehrswende, die Wärmewende, die Energiewende – sie werden in den Städten und Gemeinden lebendig. Dort müssen die entsprechenden Angebote gemacht werden, an denen die Bürgerinnen und Bürger ihr Nutzungsverhalten ausrichten. Daher wird der Städtetag Ende 2020/Anfang 2021 einen Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Wärmewende legen und in verschiedenen Formaten – unter anderem in einer Informationsreise nach Dänemark – das Thema für die Städte und Gemeinden aufbereiten. Weiteres zentrales Thema wird der Klimaschutz im Verkehr sein. Der Verkehrssektor bietet wohl insgesamt die größten Potentiale für Maßnahmen des kommunalen Klimaschutzes. Für die Finanzierung dieser Maßnahmen muss es das Ziel sein, in großem Umfang die auf Bundesebene zur Verfügung stehenden Fördermittel – etwa aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz – für Baden-Württemberg zu akquirieren.

Dezernat II - Allgemeine Verwaltung, Bildung, Kultur und Sport

1338 Städtetagsehrungen und 575 digitale städtische Verwaltungsdienstleistungen

Das Onlinezugangsgesetz verpflichtet Bund, Länder und Kommunen, insgesamt 575 Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 auch digital anzubieten. In Baden-Württemberg wurde die Umsetzung dieses Vorhabens von Land und Kommunalen Landesverbänden 2019 durch die E-Government-Vereinbarung besiegelt. Das Ziel ist sehr ambitioniert, denn die Verfahren der öffentlichen Verwaltung sind oft komplex, auch weil sie sich über mehrere Behörden und viele Beteiligte erstrecken. Seit Anfang 2020 sind erste Leistungen – Abmeldung ins Ausland, Hund anmelden, Wohnungsgeberbescheinigung, Meldebescheinigung, Sondernutzung für Plakatierung – über servicebw digital verfügbar. Danach stockte die Entwicklung weiterer Verfahren aufgrund der Coronakrise. Diese Krise bereitete aber auch den Weg für eine innovative Zwischenlösung. Der neue „Universalprozess“ eröffnet den Bürgerinnen und Bürgern immerhin die digitale Antragstellung für alle Leistungen des Landes und der Kommunen. Zu den Leistungen des Städtetags für seine Mitgliedstädte zählt die Ehrung verdienter langjähriger Stadtoberhäupter und Ratsmitglieder. 1.338 Mal durfte der Verband diesen Ehrendienst in den beiden Jahren seit der letzten Hauptversammlung leisten – und damit genau so oft die Kommunale Selbstverwaltung beehren. In der Herzkammer der Selbstverwaltung bewirkte die Coronakrise einen explosionsartigen digitalen Fortschritt: Sitzungen der Gemeinderäte und anderer kommunaler Gremien können in Krisenzeiten nun auch virtuell stattfinden, also ganz ohne körperliche Anwesenheit der Ratsmitglieder oder als „Hybridsitzung“ mit körperlicher Anwesenheit eines Teils der Ratsmitglieder und digitaler Zuschaltung des anderen Teils. Bei einfachen Beratungsgegenständen sind solche Sitzungen sogar nun generell möglich, also ohne dass eine Krisensituation vorliegen muss.

1,5 Millionen Schülerinnen und Schüler sollen digitalen Unterricht erhalten

Zeit wird deren Forcierung vom Städtetag mit Nachdruck verfochten, weil Digitaltechnik für modernes und zukunftsgewandtes Unterrichten unerlässlich ist. Nun besteht über deren Notwendigkeit breiter gesellschaftlicher Konsens. Eine Herkulesaufgabe ist sie für die kommunalen Schulträger wegen ihrer ungeheuren Dimension. Auf Sicht werden mehr als 1,5 Millionen Schülerinnen und Schüler sowie alle rund 150.000 Lehrkräfte und andere Beschäftigte an Schulen im Land mit eigener Digitaltechnik vernetzt lernen und arbeiten.
Dies erfordert fünfmal mehr digital ausgestattete und administrierte Lern- und Arbeitsplätze als beim Weltkonzern Daimler. Diese Plätze verteilen sich zudem sehr dezentral auf etwa 5.000 Schulstandorte im Land. Umso mehr wird eine pädagogische Bildungsplattform für diese vielen Standorte benötigt. In den Städten müssen die Servertechnik und die Administration für die Schulen ebenfalls optimiert werden. 880 Millionen Euro für den digitalen Schulausbau werden den baden-württembergischen Kommunen von Bund und Land durch den mittlerweile dreistufigen DigitalPakt Schule 2019-2024 (Grundprogramm, Sofortausstattungsprogramm, Administratorenförderung) zur Verfügung gestellt. Das ist viel Geld und genügt dennoch bei Weitem nicht für die – nur stufenweise zu erreichende – Vollausstattung. Aus der jetzigen Startfinanzierung muss daher für die Kommunen eine verlässliche und angemessene Regelfinanzierung erwachsen, die gesetzlich fixiert und damit abgesichert ist. Die Dimension der Schuldigitalisierung sprengt die Grenzen der  seitherigen kommunalen Schulträgerschaft.

189 Mitgliedstädte machen gemeinsame Kommunale Entwicklungspolitik

Entwicklungspolitik galt lange als exklusives Politikfeld des Bundes. Es fand daher keineswegs nur Gefallen und Verständnis, als das Land 1991 die Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg (SEZ) gründete und damit in scheinbare Konkurrenz zu Bundesaktivitäten trat. Drei Jahrzehnte später hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass globale Zusammenarbeit auf lokalen Wurzeln gründen muss, um nachhaltig zu wirken, und dass globale Verantwortung durch lokales Handeln effektiv wahrgenommen werden kann, beispielsweise bei Einkäufen. In dieser Verantwortung sehen sich auch immer mehr Städte. Unterstützt werden sie dabei seit 2018 durch die beim Städtetag angesiedelte, vom Bund geförderte und für alle 189 Mitgliedstädte des Verbands tätige Projektstelle „Koordination für kommunale Entwicklungspolitik“. Nachhaltige Beschaffung, Fairer Handel und Bildung für Nachhaltige Entwicklung sind neben der Partnerschaftsarbeit wichtige Aktionsfelder der Projektstelle, die zudem ein Handbuch zu kommunaler  Entwicklungspolitik für Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger fertigte und bei der Messe Fair Handeln in Stuttgart mitwirkte. Sie gestaltet zudem Fachforen wie auch Spitzengespräche und berät die Kommunen. In Zusammenarbeit mit der SEZ baut der Städtetag mit der Projektstelle eine Brücke zu vielen weiteren landesweiten Akteuren der Entwicklungspolitik wie dem Rat für Entwicklungszusammenarbeit und dem Netzwerk Führung und Globale Verantwortung. Ferner vernetzt die Projektstelle die auf mittlerweile 80 angestiegene Zahl der entwicklungspolitisch engagierten Städte in Baden-Württemberg, die in der AG Kommunale Entwicklungspolitik mitwirken und schlägt damit den Faden zu bundesweiten Aktionen. Bund und Land sind an der Fortführung dieser Arbeit sehr interessiert.

0 Kultur und 0 Sport nach Ausbruch der Coronakrise

Allerorten leere Bühnen und verwaiste Stadien. Eine Szenerie, die man allenfalls in schlechten Filmen vermutete, so undenkbar erschien sie. Die Coronakrise erhob sie aus dem Nichts zur Wirklichkeit. Kultur und Sport, die das gute Miteinander in den Städten  entscheidend prägen, waren vom zeitweiligen völligen Erliegen des gesellschaftlichen Lebens ganz besonders hart getroffen. Mit unglaublicher Kreativität und Energie haben sich ihre Verantwortlichen gegen diese noch immer währende Krise gestemmt, neue digitale Angebotsformate und alternative Überlebensstrategien entwickelt. Der Städtetag hat koordiniert und sich für finanzielle Unterstützungen eingesetzt. Kultur- und Sportschaffende kamen sich durch die Not buchstäblich näher, kooperierten über die unterschiedlichen Disziplinen hinweg, halfen sich damit gegenseitig. Ein Bündnis für Kultur soll unter dem Dach des Städtetags geschmiedet werden, um deren Stimme in der Politik dauerhaft zu stärken. Beim Sport, dessen Akteure über den Landessportverband vernetzt sind,  gelangten neue Herausforderungen auf die Agenda. Das in Kunstrasenplätzen gängige Mikroplastik könnte wegen Umweltschädlichkeit bald verboten werden. Alternativen sind bei den kommunalen Sportämtern in Diskussion. Eine landesweite Umfrage zur Schwimmfähigkeit hat offenbart, dass an fast einem Viertel der Grundschulen kein Schwimmunterricht stattfindet und etwa 30 Prozent der Grundschülerinnen und Grundschüler die vorgesehene Schwimmfähigkeit beim Schulabgang nicht erreichen. Zu Teilen rührt dies von fehlenden Schwimmflächen, weil Bäder sanierungsbedürftig sind. Weitere Fakten für ein vom Städtetag angestrebtes Landesförderprogramm zur Bädersanierung werden derzeit erhoben.

810 Schulsanierungen sind nur die Spitze des Eisbergs

2015 startete der Städtetag seine Kampagne für die Förderung von Schulsanierungen durch das Land mit einer Erhebung, die großen Investitionsbedarf offenbarte. Nach dreijährigem Ringen fruchtete die politische Arbeit des Verbands. 2018 und 2019 förderte das Land mit Bundesunterstützung 818 Maßnahmen mit 725 Millionen Euro und löste damit kommunale Investitionen über mehr als 2 Milliarden Euro aus. Eine sehr große Summe - und doch nur die Spitze des Eisbergs, denn vor allem die umfängliche und langwierige
Generalsanierung vieler betagter Schulgebäude steht erst noch zur Förderung an. Umso dankbarer ist der Städtetag, dass das Land mit der Verstetigung seiner zunächst nur für zwei Jahre vorgesehenen Sanierungsförderung ein weiteres großes Städtetagsanliegen aufgegriffen hat. 200 Millionen Euro hat es für 2020 und 2021 dazu bereitgestellt, leider nicht aus dem eigenen Haushalt, sondern aus dem kommunalen Finanzausgleich. Sie stehen am Beginn einer Dekade, die von Schulmodernisierungen geprägt sein wird. Zu den weiteren Zielen des Verbands zählt die prozentuale Erhöhung der Landesförderung. Viele Kommunen bleiben mit ihren Sanierungen trotz Landesunterstützung überfordert, ganz besonders jene mit einer großen Zahl auswärtiger Schülerinnen und Schüler in ihren Schulen, die bei der Übernahme von Schulaufgaben für ihr Umland besser unterstützt werden müssen. Dafür hat der Städtetag einen praktikablen Vorschlag zur Erhöhung der sogenannten Auswärtigenzuschläge der Schulbauförderung eingebracht.

Ausblick

Schule und damit auch kommunale Schulträgerschaft haben sich gravierend verändert. Vor 30 Jahren bestand Schule im Wesentlichen aus Unterricht. 1991 startete die später zur Verlässlichen Grundschule umfirmierte Kernzeitbetreuung und bald danach wurde Betreuung auch an weiterführenden Schulen eingeführt. Auf etwa 20.000 ist die Zahl an Betreuungsgruppen heute gewachsen. Die Keimzelle für Schulsozialarbeit wurde ebenfalls in den 1990er-Jahren gelegt und die Stellenzahl seither kontinuierlich auf heute mehr als 2.500 ausgebaut. Die seit 1968 erprobte Ganztagsschule war 1990 noch ein auf Hauptschulen in sozialen Brennpunkten fokussiertes Experiment, heute ist sie etabliert und gilt vielen gar als Allheilmittel gegen soziale Benachteiligung und für optimale Lernförderung.
Digitaler Unterricht in digitalisierten Schulen hatte vor drei Jahrzehnten den Status einer Science Fiction, jetzt erleben wir durch den Digitalpakt für Schulen und noch mehr durch die Coronakrise einen rasanten Schub, der bald zum mobilen Gerät in jeder Schüler- und
Lehrerhand führen wird. Im Landesrecht sind diese gravierenden Entwicklungen bislang nicht nachvollzogen worden. Das Schulgesetz gibt damit die Schulwirklichkeit nicht mehr wieder. Dadurch fehlt die Basis für eine verlässliche und solide Finanzierung der  erwähnten Schulinnovationen durch das Land. Dieser ungute Zustand löst permanent Auseinandersetzungen zwischen Land und Kommunen in Finanzierungsfragen aus. Diese sind grundsätzlich zu lösen und gesetzlich zu regeln, wie es Artikel 14 der baden-württembergischen Landesverfassung ausdrücklich verlangt. Der Städtetag wird dies und die damit verbundene Neugestaltung der Schulträgerschaft nachdrücklich verfolgen.

Dezernat III - Familie und Soziales

88 Paragrafen bilden die Vertragsgrundlage für neue Angebote der Eingliederungshilfe im Land

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist ein „sozialpolitisches Jahrhundertprojekt“. Das Artikelgesetz wird in seiner letzten Stufe zum 1. Januar 2023 in Kraft treten. Es soll mit seinen umfangreichen und teils grundsätzlichen Rechtsänderungen dazu beitragen, Menschen mit Behinderungen eine möglichst volle und wirksame Teilhabe in allen Lebensbereichen und eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Um diesen Anspruch einlösen zu können, bedarf es der Neuentwicklung geeigneter Leistungsangebote – vor Ort, in den Quartieren der Städte und Gemeinden. Für Fachleistungen, die von den Kommunen als Träger der Eingliederungshilfe finanziert werden, können Leistungserbringer Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen mit diesen künftig auf der Grundlage des neuen  Landesrahmenvertrags SGB IX schließen. Unter Beteiligung maßgeblicher Interessenvertretungen für Menschen mit Behinderung wurde in den vergangenen drei Jahren in intensiven Verhandlungen ein Vertragswerk entwickelt, das bundesweit beispielhaft und eine gute Grundlage sein dürfte, die Inklusion von Menschen mit Behinderung in den kommenden Jahren konkret weiter voran zu bringen. So bewertet es auch das Sozialministerium, das den Prozess verantwortete. Entscheidend dabei wird sein, dass die neu zu gründende Vertragskommission SGB IX die Änderungsbedarfe, die sich in den Stadt- und Landkreisen zeigen, rasch aufgreift und den Rahmenvertrag stetig fortschreibt. Angepasst werden muss auch die künftige Beteiligung des Landes an den Kosten der Eingliederungshilfe. Für die Jahre 2020 und 2021 hat das Land den Kommunen zum Ausgleich von Aufwendungen für die Umsetzung des BTHG insgesamt 126 Millionen Euro bereitgestellt. Nun gilt es, die durch das neue Gesetz verursachten Aufwendungen im Blick zu behalten und fachlich richtige Entwicklungen in die Zukunft auch langfristig finanziell abzusichern.

3 Jahre Zeit haben die Kita-Träger bis zu vollständigen Umstellung beim Einschulungsstichtag

Anfang 2019 konnten das Land und die Kommunalen Landesverbände den Pakt für gute Bildung und Betreuung abschließen. 80 Millionen Euro fließen in eine Ausbildungsoffensive, die Stärkung der Inklusion, Sprachförderung, die Kooperation Kindergarten – Grundschule und die Kindertagespflege. Von dem aus dem Pakt entstandenen Forum Frühkindliche Bildung werden Impulse zur Bearbeitung großer Herausforderungen in diesem wichtigen Zukunftsfeld erwartet. Zur Stärkung der Leitungskräfte in den Kitas stehen über 400 Millionen Euro Bundesmittel aus dem Gute-Kita-Gesetz zur Verfügung. Die langjährige Forderung unserer Verbandsmitglieder nach einer Finanzierung von Leitungszeit wurde erfüllt. Für Unruhe bei den Kita-Trägern sorgten die Pläne des Kultusministeriums, den Einschulungsstichtag innerhalb eines Jahres vom 30. September auf den 30. Juni vorzuziehen. Auf Intervention des Städtetags hat der Gesetzgeber die Änderung in Stufen über drei Jahre beschlossen. Das verschafft den Kommunen etwas mehr Luft und  Planungssicherheit. Mit Beginn der Corona-Pandemie haben sich die Bedingungen für Bildung, Erziehung und Betreuung in Kindertageseinrichtungen und -pflege schlagartig geändert. Die immer neuen Erkenntnisse und kurzfristig geänderte Vorschriften führten zu außergewöhnlichen Belastungen aller Beteiligten. Das Infektionsgeschehen wird die Frühkindliche Bildung sicher auch in den kommenden Monaten unter enormem Druck halten. Der Städtetag setzt sich dafür ein, dass diese Angebote nicht mehr als erste geschlossen werden. Kinder und Eltern brauchen die Kitas, gerade in solch fordernden Zeiten. Krise bedeutet aber immer auch die Chance, neue Wege zu gehen. Mit dem seitens des Landes angeregten Direkteinsteigerprogramm ist ein erster Schritt in Richtung „Kita der Zukunft“ getan, auf den weitere folgen müssen. Der Städtetag und seine Mitgliedstädte gehen gerne voran.

39 Prozent mehr Menschen über 65 Jahre werden 2035 in Baden-Württemberg leben als 2014

Die Zuständigkeit für vielfältige Fragen des Lebens im Alter sehen viele Menschen grundsätzlich bei „ihren“ Städten und Gemeinden. Vor Ort, dort wo sie leben – unabhängig davon, was teilweise anderen staatlichen Ebenen und Akteuren gesetzlich übertragen ist. Die demografischen Veränderungen und die sich ändernden Bedürfnisse der Menschen bedingen eine intensivierte kommunalpolitische Auseinandersetzung mit dem Leben im Alter und der Seniorenarbeit. Eine kontinuierliche Anpassung der kommunalen Infrastruktur, eine Weiterentwicklung des LEBENSRAUMS STADT in seinen Quartieren ist unerlässlich. Auch der Siebte Altenbericht der Bundesregierung schreibt den Kommunen eine maßgebliche Gestaltungsaufgabe der örtlichen Rahmenbedingungen für das Älterwerden zu. Auch wenn die im Bericht postulierte Stärkung ihrer Kompetenzen „vor allem in der Pflege, im Bereich Wohnen sowie im Gesundheitswesen“ bislang nicht in dem Maße vom Bundes- und Landesgesetzgeber aufgegriffen wurde, wie es an vielen Stellen erforderlich wäre, nehmen die Mitgliedstädte des Städtetags diese Aufgaben an. Sie gehen mit ihrer Innovationskraft vielfach mutig neue und ungewöhnliche Wege und entwickeln junge Ideen und Konzepte für das Leben im Alter. Mit dem im Juli 2019 veröffentlichten Positionspapier „Leben im Alter und Seniorenarbeit in Klein- und Mittelstädten“ hat der Städtetag Baden-Württemberg zentrale Anliegen seiner Mitglieder formuliert. Aus städtischer Sicht gilt es dabei insbesondere die Schnittstellen zu anderen Aufgabenträgern auszugestalten, Verantwortungsbereiche, Prozesse und Verfahren aufeinander abzustimmen und Interessen auszugleichen. Die Landespolitik ist aufgefordert, ihre Städte bei der Gestaltung dieser zentralen Zukunftsaufgaben künftig noch stärker als bisher zu unterstützen.

37.767 COVID-19-Fälle gab es bis Anfang August 2020 in Baden-Württemberg

Gesundheit ist mehr als die Abwesenheit von Krankheit. Gesundheit entsteht, wenn Menschen die Fähigkeit haben, die Zusammenhänge des Lebens zu verstehen. Wenn sie davon überzeugt sind, das eigene Leben gestalten zu können und wenn sie einen Sinn in ihrem Leben erkennen. Diese drei Aspekte – Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit – entwickeln sich dort, wo die Menschen den Raum dazu haben: in den Quartieren der Städte. Das Coronavirus SARS-CoV-2/COVID-19 hat in den letzten Monaten einerseits gezeigt, wie schnell es mit der Gesundheit für eine große Zahl von Menschen vorbei sein kann. Die individuell-medizinischen, die wirtschaftlichen und die sozialen Folgen des weltweiten Infektionsgeschehens können bislang nur in Teilen erfasst und bewertet werden. Andererseits haben wir insbesondere in Baden-Württemberg erlebt, dass auch eine gesellschaftliche Herausforderung von dieser Dimension verhältnismäßig gut bewältigt werden kann, wenn die politischen Verantwortungsträger von Bund, Ländern und Kommunen zusammenarbeiten und zusammenwirken. Bereits vor Beginn der Pandemie wurde in den Gremien des Städtetags deutlich, dass das Handlungsfeld Gesundheit in immer mehr der Klein-, Mittel- und Großstädte im Land an Bedeutung für Kommunalpolitik und -verwaltung gewinnt. Auch ohne eine eindeutige formale Zuständigkeit der Kommunen machen Bürgerinnen und Bürger die Ärzteversorgung, Prävention und Gesundheitsförderung, seelische Gesundheit, Krankenhausstrukturen, Geburtshilfe oder den umweltbezogenen Gesundheitsschutz immer häufiger zum Thema. Der Städtetag reagiert hierauf mit der Gründung einer interdisziplinären AG Gesundheit, einer politischen Positionierung im Vorfeld der Landtagswahl und einer intensiven Auseinandersetzung mit dem „gesunden Quartier“.

9 Städte experimentireen in der Stadtentwicklung mit Inklusiver Quartiersentwicklung

Die Strategie „Quartier 2030 – Gemeinsam. Gestalten.“ des Ministeriums für Soziales und Integration unterstützt Städte, Gemeinden, Landkreise und zivilgesellschaftliche Akteure bei der alters- und generationengerechten Quartiersentwicklung. Ziel ist es, lebendige Quartiere zu gestalten – also Nachbarschaften, Stadtteile oder Dörfer, in die Menschen sich einbringen, Verantwortung übernehmen und sich gegenseitig unterstützen. Der Städtetag hat bereits bei der Konzeption des Ideenwettbewerbs 2017 sowie in der ersten Phase der Landesstrategie in Steuerung und Umsetzung intensiv mitgewirkt. Die vom Land geförderte Fachberatung Quartiersentwicklung organisiert den interkommunalen Erfahrungsaustausch, berät und begleitet, koordiniert, vernetzt und vermittelt. Neun Städte aller drei Städtegruppen erproben als StadtLabore zur inklusiven Quartiersentwicklung darüber hinaus gemeinsam, wie Quartiersentwicklung für Übermorgen gelingen kann – inklusiv, partizipativ und nachhaltig. Mitarbeitende unterschiedlicher Verwaltungsbereiche tauschen sich seit Mai 2019 in insgesamt 13 Experimentier- und Lernwerkstätten zu relevanten Themenschwerpunkten aus. Die Bandbreite reicht von „Beteiligung und Kommunikation“ über „Wohnen und Wohnformen“ bis hin zu „Digitalisierung“ oder „Mobilität und Klimaschutz“. Die Vielfalt der Städte zeigt ein weiteres Mal: so vielfältig die Kommunen in Baden-Württemberg sind, so vielfältig sind auch deren Wege zur Stadtentwicklung. Ein Ziel der StadtLabore ist es, praxisnahe und übertragbare Methoden, Formate und Strategien zu  erarbeiten und für alle Mitgliedstädte nutzbar zu machen. Durch den Fokus auf das Quartier gewinnen auch für die Geschäftsstelle das interdisziplinäre Arbeiten, der multiperspektivische Blick auf die kommunalen Handlungsfelder und die Entwicklung integrierter Lösungen erheblich an Bedeutung.

Ausblick

Krise – das bezeichnet laut Duden eine „schwierige Lage, Situation, Zeit, die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt“. Zeiten, in denen Grundsätzliches ins Wanken gerät, bewährte Strategien und Konzepte nicht mehr funktionieren, erleben wir immer wieder. Das Coronavirus ist aktuell das deutlichste Beispiel dafür, wie drohende Perspektivlosigkeit und das Gefühl von Hilflosigkeit bei den Menschen große Zukunftsängste auslösen können. Auch Verantwortungsträger in Kommunalpolitik und -verwaltung erleben das. Umso wichtiger ist es, dem auf lokaler Ebene, in den Städten und Gemeinden, dort wo die Menschen leben, etwas entgegenzusetzen. Umfragen bestätigen es regelmäßig: die Bürgerinnen und Bürger im Land vertrauen den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und ihren kommunalen Institutionen. „Das Vertrauen in Kommunen ist in der Corona-Krise nochmals massiv gewachsen“, so Forsa-Geschäftsführer Manfred Güllner. Städte können Krisenlöser, Wendemacher und Zukunftsräume sein. Das gilt nicht nur für „die großen Krisen“.

Auch bei den Herausforderungen, die in den letzten Jahren eher geräuschlos gewachsen sind, steigt der Druck zu handeln. Mit der Stadtgesellschaft Probleme zu beschreiben, Chancen zu finden, gemeinsame Zielvorstellungen zu entwickeln und Neues konkret zu gestalten, dürfte eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben der Kommunen bleiben. Aus Sicht des Sozialdezernenten liegen dabei einige Themen auf der Hand: die Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems, der Personalmangel in der frühkindlichen Bildung und in der Pflege, agile Strukturen in der Verwaltung und die Entwicklung lebenswerter Quartiere für alle Menschen. Mit und für unsere Mitgliedstädte werden wir auch in den nächsten Jahren Lösungsfinder und Zukunftsmacher sein.

Dezernat IV - Bau- Ordnungsrecht, Integration, EU, allgemeine Rechtsfragen

29 Verordnungen in Bezug auf Corona

Ende Februar 2020 wurde in Baden-Württemberg die erste Infektion mit dem Corona-Virus nachgewiesen. Nicht einmal drei Wochen später kündigte die Landesregierung die flächendeckende Schließung von Schulen und Kindergärten sowie weitreichende  Einschränkungen von Veranstaltungen und des Wirtschaftslebens an, die das Leben jedes und jeder Einzelnen veränderten. Bei der Umsetzung wurde Neuland beschritten: Die verschiedenen Neu- und Änderungsfassungen der Corona-Verordnung und die gesonderten Verordnungen zu bestimmten Lebensbereichen wurden oftmals unmittelbar vor dem Inkrafttreten notverkündet. Die mit heißer Nadel gestrickten Vorschriften führten zu einem Regelungsdickicht mit teils unklaren und nicht immer kohärenten Regelungen. Ende Juni war mit 29 gleichzeitig geltenden Rechtsverordnungen der vorläufige Höchststand erreicht. Der kommunale Bezug der Regelungen macht deutlich, dass die Einbeziehung der Städte in die konzeptionellen Erwägungen von zentraler Bedeutung ist: Nur so können die  Bedürfnisse der Stadtgesellschaft erkannt und gewürdigt werden. Nur so können die Erfahrungen und Bedürfnisse der Ortspolizeibehörden einbezogen werden. Und schließlich: Nur so wird die Akzeptanz in der Gesellschaft hinreichend gesichert.

1 Verbotszone für Alkoholkonsum in Baden-Württemberg

Im Herbst 2017 hat das Land die Ortspolizeibehörden zum Erlass von Alkoholkonsumverboten im öffentlichen Raum ermächtigt. Bereits im letzten Geschäftsbericht hatte der Städtetag darauf hingewiesen, dass die in der Gesetzesbegründung geforderte Anzahl von 50 bis 100 Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten unnötig hoch gegriffen ist. Wohl aus diesem Grund hat auch drei Jahre nach dem Inkrafttreten der Ermächtigungsnorm gerade einmal eine Stadt ein Alkoholkonsumverbot erlassen. Das Beispiel zeigt, wie wichtig die Berücksichtigung des kommunalen Bedarfs bei der Entwicklung des Ordnungs- und Baurechts ist. Mit der geplanten Novelle des Polizeigesetzes werden umfassende Regelungen zum Datenschutz aufgenommen und die Möglichkeiten des Polizeivollzugsdienstes erweitert. Daneben wird die dringend erforderliche Parallelzuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes für Gefährderansprachen kodifiziert. Der weitere kommunale Bedarf wird hingegen wenig in den Blick genommen. Gerade in Randbereichen muss das bestehende Instrumentarium immer wieder hinterfragt und an tatsächliche Entwicklungen angepasst werden. So hat sich etwa gezeigt, dass die Zurückbehaltung abgeschleppter Kraftfahrzeuge faktisch ins Leere läuft, wenn ein Widerspruch gegen den Kostenbescheid dazu führt, dass nicht vollstreckt werden kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat eine Lösungsmöglichkeit ausdrücklich aufgezeigt. Umso erstaunlicher ist es, dass das Land die Anregung bislang nicht aufgegriffen hat, sondern außerhalb der Novellierung in einer vertieften Prüfung hinterfragen will, ob eine solche Änderung tatsächlich möglich und fachlich erforderlich ist. Die Verzahnung des Ordnungsrechts mit der Kommunalen Kriminalprävention schreitet weiter voran. Mit der Kooperationsvereinbarung zu lokalen Sicherheitskonferenzen wurde ein Baustein ergänzt, mit dem auf lokale Ereignisse reagiert werden kann. Auch im Baurecht muss der kommunale Bedarf stärker in den Blick genommen werden. Mit der Novelle der Landesbauordnung im Jahr 2019 wurde das Schriftformerfordernis weitgehend gestrichen. Damit wurde eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für ein digitales Baugenehmigungsverfahren geschaffen. Nun liegt es am Land, die Thematik gemeinsam mit den Städten anzugehen, um eine passgenaue Lösung anbieten zu können. Hierzu mag in manchen Fällen bereits eine funktionierende Schnittstelle zu einer vorhandenen Fachanwendung ausreichen. In anderen Fällen kann durch die Entwicklung eines digitalen Standardprozesses eine Beschleunigung und Vereinfachung erreicht und zugleich Transparenz gegenüber Dritten hergestellt werden.

100 Millionen Euro für den Grundstücksfonds

Seit Ende Mai 2020 unterstützt das Land die Städte und Gemeinden mit dem Grundstücksfonds. Mit den Mitteln des Fonds sichert das Land im Zusammenspiel mit den Städten und Gemeinden strategisch wichtige Schlüsselgrundstücke, wenn die Städte und Gemeinden Bedarf an bezahlbarem Wohnraum haben, zugleich aber wegen ihrer Haushaltslage zumindest vorübergehend am Erwerb gehindert sind. Im Vorfeld hatte der Städtetag intensive Gespräche mit dem Land geführt, um die Attraktivität des Grundstücksfonds weiter zu steigern. Dabei konnte der Städtetag größere Anreize bei der Gestaltung des Kaufpreises für die Städte und Gemeinden sowie die Erstellung von Handreichungen zur Darlegung der kommunalen Finanzsituation und des Bedarfs an bezahlbarem Wohnraum erreichen. Die Umsetzung des Grundstücksfonds wird der Städtetag weiterhin eng begleiten, um bei Bedarf auf eine Nachjustierung der Voraussetzungen oder des Verfahrens hinwirken zu können. Als weiteres Instrument zur Wohnraumförderung will das Land ein „Kompetenzzentrum Wohnen“ einrichten, um eine Plattform zur Vernetzung, zur Information und zur ergänzenden Förderung zu bieten. Die gute Zielsetzung darf jedoch nicht durch umständliche Strukturen geschmälert werden. Der Städtetag setzt sich weiter dafür ein, dass das Aufgabenspektrum des Kompetenzzentrums die Unterstützung planungsrechtlicher Abwägungsprozesse zum Artenschutz in der Bauleitplanung umfasst. Weiterer Baustein in der Wohnraumförderung ist die neue Förderlinie „Wohnungsbau BW – kommunal“, die den Städten und Gemeinden bei der Schaffung von sozial gebundenem Wohnraum im Vergleich zur allgemeinen Förderlinie höhere Förderquoten bei längeren Bindungsfristen bietet. Schließlich stellt das Land zehn Millionen Euro für das Programm „Innovativ Wohnen BW – Beispielgebende Projekte“ bereit. Damit sollen innovative Lösungsansätze in Bezug auf bezahlbaren Wohn und Lebensraum gefördert werden. Der Städtetag freut sich sehr, dass in der ersten Fördertranche 2019 zwei der drei ausgewählten Projekte über den Städtetag eingereicht werden konnten. Seit Juli 2020 gewährt das Land eine Wiedervermietungsprämie, mit der ein Anreiz gegen leerstehenden Wohnraum geschaffen werden soll. Dieses Instrument wurde eng mit dem beim Städtetag angesiedelten Netzwerk RAUMTEILER abgestimmt. Dieses Netzwerk besteht aus über 35 Akteuren und vielen Ehrenamtlichen, die privaten Wohnraum an Menschen in schwierigen Lebenslagen vermitteln. Bis Oktober 2019 konnte das Netzwerk 1.200 Menschen ein neues Zuhause vermitteln.

7 Sitzungen der Arbeitsgruppe zur möglichen Rückkehr zur Pauschale

Im März 2018 hat der Landtag die Landesregierung gebeten, bei der Erstattung von kommunalen Aufwendungen für die vorläufige Unterbringung von geflüchteten Menschen zu einer pauschalen Abgeltung zurückzukehren. Die Stadtkreise nehmen bei der vorläufigen Unterbringung Aufgaben des Landes wahr. Der Städtetag ist daher der Auffassung, dass die derzeitige Spitzabrechnung als genauestes Modell nur dann von einer Pauschale abgelöst werden kann, wenn diese dicht an der Realität liegt und eine systematische Unterdeckung ausgeschlossen ist. Mit dieser Zielsetzung bringt sich der Städtetag in Arbeitsgruppensitzungen des Landes ein. Die Vergangenheit zeigt, dass die Pauschale erhebliche und punktuelle Veränderungen im Zustrom von geflüchteten Menschen nicht hinreichend abbilden kann. Die „Sollbruchstelle“ für eine Rückkehr zur Spitzabrechnung muss daher mitgedacht und mit der Rückkehr zur Pauschale definiert werden. Die sinkende Anzahl an geflüchteten Menschen und die Corona-Pandemie führen dazu, dass die Integrationsarbeit in der öffentlichen Wahrnehmung kaum sichtbar ist. Doch gerade in der Krise zeigt sich die Bedeutung der Integrationsarbeit, die durch das hohe Engagement der kommunalen Integrationsbeauftragten und Integrationsmanager voran gebracht wird. Um in Zukunft für diese Aufgabe gut aufgestellt zu sein, wird der Städtetag das neue Netzwerk Integration unterstützen. Kommunale Praxisvertreter und der Städtetag werden gemeinsam in einem operativen, strategischen und fachlichen Austausch zukünftige Schwerpunkte und Erfolgsfaktoren für eine gelingende Integration setzen. Besonders die Verstetigung der Mittel für die Integration ist uns dabei wichtig.

20 Jahre kommunale Interessenvertretung in Brüssel

Kommunale Interessen auf europäischer Ebene zu platzieren – das war und ist das Ziel der kommunalen Landesverbände in Baden-Württemberg. Im Dezember 2019 konnte das zu diesem Zweck eingerichtete Europabüro in Brüssel auf 20 erfolgreiche Jahre zurückblicken. Zuletzt war die kommunale Europaarbeit durch die Verhandlungen zur nächsten Förderperiode des Förderprogramms „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ geprägt. Die Corona-Pandemie befeuerte das Ringen um die Ausstattung der Fördertöpfe. Auch das Europabüro setzte sich dafür ein, die Förderung der städtepartnerschaftlichen Aktivitäten möglichst im bisherigen Umfang beizubehalten. Die ursprünglich vorgesehene Kürzung des diesbezüglichen Fördertopfes „Justiz, Rechte und Werte“ konnte zumindest etwas abgemildert werden. Die Ausgestaltung der europäischen Fördermittel geben den Mitgliedstaaten die Möglichkeiten, operationelle Programme selbst zu entwickeln. In die Verzahnung europäischer Vorgaben und landesrechtlicher Schwerpunktsetzung bringt das Europabüro die Interessen der baden-württembergischen Städte und Gemeinden ein. Bei der Ausgestaltung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) durch den Wettbewerb RegioWIN hat der Städtetag erreicht, dass die Sichtbarbarkeit für die Stadtgesellschaft als Auswahlkriterium berücksichtigt wird. Um die Europakoordinatorinnen und -koordinatoren frühzeitig auf die Fördermittelakquise ab 2021 vorzubereiten, organisierte das Europabüro in Zusammenarbeit mit den Geschäftsstellen der kommunalen Landesverbände im Oktober 2019 eine durch das Walter-Hallstein-Programm geförderte Exkursion nach Brüssel, bei der die Europaexperten der Städte und Landkreise sowie Vertreter des Österreichischen Städtebundes zusammenkamen. Gerne blickt der Städtetag auch auf die im Mai 2019 stattgefunden Europawahl zurück. Um Wählerinnen und Wähler anzusprechen, die wenig über die Europawahl Bescheid wissen, hat der Städtetag eine Social Media-Kampagne gestartet und in diesem Rahmen den Mitgliedstädten Videos und weitere Beiträge zur Verfügung gestellt. Diese sind weiterhin über den YouTube-Kanal des Städtetags einsehbar.

Ausblick

Mit dem bestehenden Bau- und Ordnungsrecht steht den Städten und Gemeinden im Ausgangspunkt ein guter Werkzeugkasten zur Verfügung. Dennoch gilt: Auch dieser Werkzeugkasten muss immer wieder überprüft und an veränderte Bedingungen angepasst werden. Häufig geht es nicht nur um die Schaffung neuer, sondern um die Nachjustierung bestehender Instrumente. Die Suche nach einem Allheilmittel ist dabei illusorisch. Vielmehr müssen die hinter den Vorschriften stehenden Belange immer wieder neu abgewogen und miteinander verschrankt werden. Die Corona-Pandemie stellt das Land, die Städte und die Gesellschaft vor gewaltige Herausforderungen. Und doch darf bei der Lösung der schon vor der Pandemie drängenden Fragen kein Stillstand eintreten. Das betrifft etwa die
Rahmenbedingungen zur Schaffung von Wohnraum. Hier wirken neben den planungs- und ordnungsrechtlichen Vorgaben immer stärker auch andere Rechtsgebiete ein. Daher gilt es weiterhin, die Verfahrensvorgaben zu vereinfachen und das materielle Prüfprogramm um unüberblickbare Risiken zu entschärfen. Um auf geeignete Flächen zugreifen zu können, ist eine maßvolle Anpassung von Baugebotspflichten und Vorkaufsrechten erforderlich. Auch die Migration und Integration geflüchteter Menschen sowie die Weiterentwicklung des Feuerwehr- und Rettungswesens muss im Blick behalten werden. Beide Bereiche weisen einen besonders engen Bezug zur Stadtgesellschaft auf. Und gerade aus diesem Grund ist eine enge Einbindung des kommunalen Erfahrungsschatzes in die Gesetzgebung unabdingbar. Der Städtetag Baden-Württemberg wird auf diese Notwendigkeit auch weiterhin hinweisen und sich mit Vorschlägen für gute Lösungen stark machen.