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P 363/2020 Az.: 047.43; 401.587 / Kommunen erwarten dramatische finanzielle Einbußen durch die Corona-Pandemie (27.05.2020)


 

PRESSEINFORMATION Geschäftsführendes  
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Bearbeiterin
Christiane Conzen
 
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Az 047.43 - P 363/2020 · Co
 

27.05.2020

 

Kommunen erwarten dramatische finanzielle Einbußen durch die Corona-Pandemie
 
 
Stuttgart. Immer klarer werden die Rückgänge der Einnahmen für die Kommunen im Land. Sie verhandeln nun mit dem Land über dessen Unterstützung und fordern beherzte Hilfe.
 
Die Städte brauchen klare Regeln, die aus sich heraus verständlich seien, so der Städtetag Baden-Württemberg. Das gelte auch für die finanzielle Entlastung. Dennoch werde das Land bei unterschiedlichen fachlichen Aufgabenzuweisungen kompensieren müssen, für manches könne der Bund direkt Abhilfe schaffen. Bei anderen dürfe er es nicht.
 
„Soweit das Land selbst Zusagen gemacht hat – wie bei den Kita-Beträgen – muss es sie konkret und umfassend einlösen. Hier ist in der ersten Sitzung der Gemeinsamen Finanzkommission noch kein Durchbruch erzielt worden“, sagte Gudrun Heute-Bluhm, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetages. „Im Gespräch sind bislang nur Liquiditätshilfen: die Schlüsselzuweisungen sollen auf der Basis der letzten Prognosen weitergezahlt und die dritte Tranche soll vorgezogen werden.“
 
Das Land wolle im Übrigen auf die derzeit laufende Vollerhebung der kommunalen Mehrbelastungen warten. Dort werde schon aus den ersten Rückläufen eine dramatische Verschlechterung der Haushalte sichtbar, obwohl noch nicht alle Belastungen erfasst seien, so Heute-Bluhm.
 
Die Vollerhebung werde zeigen, dass auf der Einnahmenseite – Steuerzuflüsse aus den Verbundsteuern sowie eigene Steuereinnahmen wie insbesondere die Gewerbesteuer – dramatische Rückgänge zu verzeichnen seien. Fehlende Fahrgeldeinnahmen im ÖPNV sowie bei kommunalen Kultur- und Bildungseinrichtungen reißen tiefe Löcher in kommunale Haushalte.
 
Städtetagspräsident Dr. Peter Kurz, Oberbürgermeister von Mannheim, nennt die Zahlen seiner Stadt: „Die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie treffen die Kommunen in Baden-Württemberg hart. Allein für Mannheim rechnen wir mit minus 62 Millionen Euro bei der Gewerbesteuer, minus 25 Millionen im kommunalen Finanzausgleich, 19 Millionen bei der Einkommensteuer und nicht beherrschbare Defizite bei kommunalen Unternehmen wie Verkehr, Kliniken und Energie. Die Ausfälle summieren sich auf mehr als 200 Millionen Euro.“
 
Demgegenüber stünden erhebliche Mehraufwendungen für die Bekämpfung der Pandemie, und das sei möglicherweise erst der Anfang. „Wir brauchen eine beherzte Hilfe des Bundes und des Landes, wenn die Städte lebendige und lebenswerte Kraftzentren bleiben sollen. Denn eines wird es in der neuen Normalität so schnell nicht geben: Business as usual.“
 

ÖPNV
Je nach Szenario ist insgesamt im Bereich des kommunalen ÖPNV landesweit mit Einnahmeverlusten zwischen 216 und 466 Millionen Euro zu rechnen. Alleine bei den kommunalen Verkehrsunternehmen – deren Einnahmen rund 48 Prozent der gesamten ÖPNV-Einnahmen im Land ausmachen – ist mit wegbrechenden Einnahmen in Höhe von 104 bis 224 Millionen Euro zu rechnen. Dieses Szenario bis zum Jahresende hat der Verband der Verkehrsunternehmen (VDV) zusammengetragen.
 
Die Haushaltskommission hat sich hier für eine Soforthilfe von 200 Millionen Euro aus dem Coronahilfsfonds ausgesprochen, setzt dabei aber auch auf eine Kostenbeteiligung des Bundes.
 
Krankenhäuser
Den Krankenhäusern in kommunaler Trägerschaft reicht auch die zugesagte Bundeshilfe von 560 Euro pro nicht belegtem Bett nicht. Denn die großen kommunalen Kliniken, die sogenannten Krankenhäuser der Maximalversorgung, tragen dieselben Lasten wie die Unikliniken in Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm, die vom Land Baden-Württemberg eine Finanzspritze von 600 Millionen Euro erhalten.
 
Kinderbetreuung
Der Städtetag anerkennt, dass das Land mit der bereits bereitgestellten Soforthilfe von zweimal 100 Millionen Euro die Familien unterstützen will und sich damit im Grunde bereit erklärt hat, einen wesentlichen Anteil der Mehrbelastung in dem Bereich zu schultern. Im Gegenzug hat die kommunale Seite deutlich gemacht, dass sie realistischerweise von einer quotalen anteiligen Beteiligung des Landes ausgeht.
Das reicht indessen nicht für die von Ministerpräsident und Kultusministerin persönlich zugesagte vollständige Befreiung von Elternbeiträgen für die Kinderbetreuung.
 
Kitagebühren und Gebühren für Schulbetreuung dürften nahezu die Soforthilfe ausschöpfen. Legt man die Berechnungen zugrunde, die der Städtetag im Zusammenhang mit dem SPD-Volksbegehren seinerzeit angestellt hat, würde eine vollständige Gebührenbefreiung für einen Monat einen Einnahmeausfall für alle Träger in Höhe von 60 bis 66 Millionen Euro nach sich ziehen. Inklusive der Kindertagespflege läge die Summe bei mehr als 860 Millionen Euro jährlich, oder zwischen 72 und 78 Millionen Euro monatlich.
Die Elternbeiträge für die kommunale Schulbetreuung schlagen mit weiteren rund 120 Millionen Euro jährlich bzw. 10 Millionen Euro monatlich zu Buche.
 
Ebenso wenig berücksichtigt sind dabei die vom Land zugesagten Hilfen für Museen, Musikschulen, Volkshochschulen, weitere kommunale Kultureinrichtungen und soziale Dienste der Kommunen. Gudrun Heute-Bluhm: „Hier erwarten wir Verhandlungen mit dem Land über diese Belastungen. Die Ankündigung des Landes, dies in Teilen ausgleichen zu wollen, verstehen wir als grundsätzliche Zusage an die Kommunen. Über die Höhe brauchen wir schnelle Zusagen, will man einen Shutdown der kommunalen Investitionen für 2020 verhindern.“
 

 


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