Stuttgart. Städtetag, Landkreistag, Gemeindetag und K
ommunaler Arbeitgeberverband lehnen das Gesetz zur Änderung des
Landespersonalvertretungsgesetzes, welches am 7. November 2013 zur ersten
Beratung in den Landtag eingebracht wird, weitgehend ab. Das Gesetz führt
zu einer Verdoppelung der Freistellungen für die Personalräte sowie
zu mehr und schwierigeren Beteiligungsverfahren. Die Kommunalverwaltungen
werden damit ausgebremst und mit hohen Kosten belastet.
Allein durch die Ausdehnung der Freistellungen für
Personalratsmitglieder rechnen wir mit 300 Stellen, die in den Städten,
Gemeinden und Landkreisen für andere wichtige Aufgaben wie der
Kinderbetreuung oder im Bereich der kommunalen Ordnungsdienste nicht mehr zur
Verfügung stehen, so Prof. Stefan Gläser,
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags
Baden-Württemberg. Alternativ müssten jährlich rund 16
Millionen Euro in die Hand genommen werden, um 300 zusätzliche Stellen
für freigestellte Personalratsmitglieder zu schaffen, so Gläser
weiter. Mit dem Personalvertretungsrecht die Attraktivität des
öffentlichen Dienstes steigern zu wollen und gleichzeitig bei den Beamten
zu sparen, passe nicht zusammen.
Das ist ein Gesetz zur Freude einiger Funktionäre. Die
Beschäftigten haben nichts davon; sie müssen die Arbeit der
zusätzlich freigestellten Personen mit erledigen, sagte Roger Kehle,
Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg. Eine
Novellierung des Personalvertretungsrechts sollte den Verwaltungsaufwand
für alle Beteiligten reduzieren. Hierzu haben wir Vorschläge
gemacht, so Kehle weiter.
In den Kommunalverwaltungen ist das Verhältnis zwischen
Dienststellenleitern und Personalräten in der Regel konstruktiv und
kollegial. Bürokratie und Formalien werden klein gehalten, berichten die
Verbände. Wo diese positiven Verhältnisse nicht gegeben sind,
muss das Personalvertretungsgesetz Regeln für den Konfliktfall enthalten,
die eine effiziente Verwaltung sicherstellen. Die Änderung wird das
Gegenteil bewirken: mehr Bürokratie und hohe Kosten, sagte Prof.
Eberhard Trumpp, Hauptgeschäftsführer des Landkreistags
Baden-Württemberg.
Die Erweiterung von Beteiligungstatbeständen und die
Vergrößerung von Gremien führt auch nicht automatisch zu einer
verbesserten Wahrnehmung von Beschäftigteninteressen, sondern in erster
Linie zu einer verstärkten Beschäftigung der Verwaltungen mit sich
selbst, sagte der Hauptgeschäftsführer des Kommunalen
Arbeitgeberverbands Baden-Württemberg, Dr. Joachim Wollensak.
Hierfür hat die Bevölkerung kein Verständnis, so
Wollensak weiter.
Hintergrund
Städtetag, Landkreistag, Gemeindetag und Kommunaler Arbeitgeberverband
vertreten etwa 1.500 Dienststellen mit rund 200.000 Beschäftigten. Die
Verbände haben im Vorfeld Vorschläge für ein schlankes,
zeitgemäßes und rechtssicheres Mitbestimmungsrecht im
öffentlichen Dienst gemacht. Angesichts den von der Landesregierung immer
wieder vorgetragenen Einsparerfordernissen ist nicht nachvollziehbar, warum das
Land diese Vorschläge nicht aufgegriffen hat. Denn Anlass zu einer
umfassenden Novelle gäbe eine für alle Anwender des
Landespersonalvertretungsrechts wünschenswerte Rechtsvereinfachung.
Stattdessen wird das geltende Recht weiter verkompliziert. Durch
zusätzliche Beteiligungsverfahren, Erschwernisse, Gremien und
Freistellungen wird das vom Land postulierte Ziel des Bürokratieabbaus
konterkariert. Damit wird das Gesetz den Erfordernissen der
Kommunalverwaltungen nicht gerecht. Diese sind zur Erfüllung ihrer sich
dynamisch entwickelnden Aufgaben auf schnelle und unbürokratische
Entscheidungsabläufe angewiesen, um ihre Funktion als Dienstleister
für die Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen zu können.
Neben den Freistellungen führt auch der bürokratische Mehraufwand zu
Kosten. Insgesamt ist für die Kommunen mit einer Mehrbelastung von rund 30
Millionen Euro zu rechnen. Da ausschließlich das Land die Freistellungen
ausdehnen, die Gremien vergrößern und die Zahl der Verfahren
erhöhen möchte, fordern die kommunalen Verbände, dass das Land
den Kommunen die Mehrkosten erstattet (Wer bestellt, bezahlt).
Daneben wird die Reform auch für das Land selbst teuer. In einer
Landtagsdrucksache rechnet z. B. das Kultusministerium mit 200 Deputaten, die
dann nicht mehr für den Unterricht zur Verfügung stünden oder
mit entsprechenden Mehrkosten neu geschaffen werden müssten. Gleichzeitig
suchen Land und Kommunen noch Wege zur Finanzierung der Ganztagesschulen.
Um bürokratischen Mehraufwand und zusätzliche Kosten zu begrenzen,
fordern Städtetag, Landkreistag, Gemeindetag und Kommunaler
Arbeitgeberverband einen einfachen und rechtssicheren
Beschäftigtenbegriff. Als Beschäftigte sollten Personen gelten, die
länger als drei Monate weisungsabhängig beschäftigt und in den
Dienststellenbetrieb eingegliedert sind. Weiterhin ist eine Verdoppelung der
Freistellungen überzogen. Daneben sollte der Personalvertretung kein
uneingeschränktes Initiativrecht zukommen. Dies birgt ein hohes Potenzial
an Selbstbeschäftigung der Verwaltung und untergräbt die Stellung der
vom Volk gewählten Gremien und Personen auf kommunaler Ebene. Auf die
Schaffung von Wirtschaftsausschüssen sollte verzichtet werden. Diese sind
unnötig, da die wirtschaftliche Lage der Kommunen bereits bei den
Haushaltsberatungen in breiter Öffentlichkeit erläutert und
diskutiert wird. Stattdessen sollten die bis 1996 geltenden Beteiligungsfristen
von zehn Arbeitstagen wiederhergestellt werden, um Organisations- und
Personalentscheidungen zu beschleunigen. Weiterhin sollten die
Personalräte von Routineaufgaben entlastet werden, damit sie die
Interessen der Beschäftigten bei wesentlichen Maßnahmen angemessen
vertreten können.
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