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Der Städtetag zum grün-schwarzen Koalitionsvertrag - Presseinformation vom 5. Mai 2021

Der Koalitionsvertrag der künftigen Landesregierung ist da – der Städtetag sieht nach einer ersten Schnelldurchsicht des 160 Seiten umfassenden Werks im Wesentlichen die richtigen Themen angesprochen, aber doch einige zentrale Fragen unbeantwortet.


Mobilität und Klimaschutz

 
Der Städtetag Baden-Württemberg begrüßt die Schwerpunktsetzungen im Koalitionsvertrag. „Klimaschutz steht auch für uns Städte ganz oben auf der Tagesordnung“, sagte Städtetagspräsident Dr. Peter Kurz, Oberbürgermeister von Mannheim.
 
Der Städtetag hat Verständnis, dass angesichts der coronabedingten Lasten nicht alle Ziele jetzt verlässlich unterlegt werden können. Gerade in diesem Bereich müsste aber anderes gelten. Die Aussage zu „Anstrengungen zur Verdopplung des ÖPNV bzw. der Fahrgastzahlen“ bräuchte eine finanzielle Basis, bemängelt der Städtetagspräsident. „Die Finanzierung des ÖPNV darf am Ende nicht allein auf dem Mobilitätspass fußen, deshalb muss es weiterhin eine solide Grundfinanzierung des ÖPNV aus Landesmitteln geben.“ Ergänzend können sich die Kommunen mit dem Mobilitätspass finanzielle Spielräume erschließen, um den ÖPNV auszubauen und attraktiver zu gestalten und damit auch noch eine Lenkungswirkung erzielen, so Kurz weiter.
 
Die Mobilitätsdatenplattform Mobidata soll laut Koalitionsvertrag ausgebaut werden. Hier setzt der Städtetag auf eine Verknüpfung mit den kommunalen oder lokalen Verkehrsportalen, die sich schon jetzt als digitales Rückgrat der großen Verkehrsverbünde sehen.
 
Auch bei der Wärmeplanung sind noch Fragen offen: Mit der Planung alleine ist es nicht getan – der Städtetag vermisst eine Aussage zur Unterstützung der investiven Umsetzung der Wärmeplanung.
 
Bürgerbeteiligung, Bauen, Digitalisierung
 
Positiv bewertet es der Verband, dass die Bürgerbeteiligung in der Bauleitplanung neu gefasst werden soll: „Es darf nicht mehr belohnt werden, einfach ‚dagegen‘ zu sein. Gute Bürgerbeteiligung führt zu besserer Planung – das ist auch die Haltung des Städtetags“, so Präsident Kurz.
 
Positiv sieht der Städtetag die in Aussicht gestellte Digitalisierung der Baurechtsverwaltung hin zum virtuellen Bauamt. „Es ist gut, dass mit Anfang 2023 ein zeitnaher und konkreter Zeitraum genannt ist. Das gibt uns eine Perspektive und bringt uns hoffentlich die dringend erforderliche Beschleunigung.“
 
Ebenfalls positiv wertet der Städtetag, dass zukünftig die Themen Glasfaser und Mobilfunk in einem Ressort gebündelt werden, vermisst aber die Einbindung der Kommunen, um die weißen Flecken auf der Mobilfunk-Karte zu schließen. „Wir hoffen dennoch auf die konsequente Beteiligung der Kommunen“, sagte Kurz. Das gelte auch für die Überprüfung von Förderprogrammen auf ihre Zukunftsfähigkeit. Förderprogramme zusammenzulegen könne helfen, den Dschungel zu lichten.
 
Gesundheit
 
Das Thema Gesundheit soll in unterschiedlichen Facetten ganz neue Bedeutung erlangen. Dabei geht es um die Gesundheitswirtschaft, um die Stärkung des Öffentlichen Gesundheitswesens, aber auch um die Erkenntnis, dass sich die Gesundheitspolitik über alle Bereiche der Politik erstrecken muss. „Dabei wird deutlich mehr als bisher auch der kommunale Bereich angesprochen und die Quartiersstrategie wird sich auch auf dieses Ziel ausrichten – diese Ausrichtung gefällt uns gut“, so Peter Kurz.
 
Die „ressortübergreifende Strategie für die Gesundheitsförderung“ begrüßt der Städtetag – vorausgesetzt die Kommunen werden als Partner zentral miteinbezogen. Das sei eine klare Erwartung für die konkrete Umsetzung.
 
Die Landesstrategie 2030 soll fest verankert und mit weiteren Themen verknüpft werden – auch dafür gibt es ein positives Votum des Städtetages. Positiv zu vermerken ist, dass der Pakt für Integration erneuert werden soll, das sei ebenfalls ein wichtiges Element des Miteinanders in den Städten.
 
Kinderbetreuung, Schule
 
Beim Quartier 2030 müsse die Kinderbetreuung ein zentraler Baustein sein. Denn bisher fehlen dem Städtetag Aussagen zur Kindergartenförderung. Auch eine „Kita der Zukunft“, die durch gesetzliche Regelungen neue Ansätze fördere und stütze, sei im Koalitionsvertrag nicht zu finden.
 
Der Städtetag begrüßt dagegen die Ankündigung, den Pakt für gute Bildung und Betreuung fortzusetzen.
Der Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung, den der Bund jetzt durchsetzen will, sei in Baden-Württemberg allerdings so weder personell noch finanziell umsetzbar und stelle hohe Anforderung an die Finanzierung durch Bund und Land.
 
„Wir begrüßen sehr, dass sich die Koalitionäre auf die von uns geforderte Neugestaltung der kommunalen Schulträgerschaft verständigt haben“, bekräftigte Kurz. In den Kernbereichen Digitalisierung, Ganztagsschulangebote, Schulsozialarbeit, Schulorganisation und Inklusion würden dadurch zeitgemäße rechtliche und finanzielle Grundlagen für das Schulwesen bis 2023 geschaffen. Positiv zu erwähnen sei auch das klare Bekenntnis, Schulen in Stadtteilen mit großen sozialen Problemlagen deutlich stärker zu unterstützen. „Wir brauchen hier messbare, bessere Ergebnisse“ unterstreicht der Städtetagspräsident.
 
Finanzen
 
Das Land bekennt sich zu einer guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Kommunen. Konkrete Zusagen mit Blick auf die Stabilisierung der kommunalen Finanzen finden sich allerdings nicht. „Für die noch fehlende Festlegung haben wir in der aktuellen Situation Verständnis. Wir brauchen nun aber eine schnelle Bestandsaufnahmen mit dem Land in der Gemeinsamen Finanzkommission“, betonte Kurz.
 
Auch die grundsätzliche Betrachtung der vielfältigen Förderprogramme ist zu begrüßen. So wie bei den Förderprogrammen für die kommunale Integrationsarbeit der Verband die gewünschte Verknüpfung der Programme vermisst hat, müssen an anderer Stelle Fördersysteme verschlankt werden. Der Städtetag setzt darauf, dass dies in guter Kooperation erfolgen wird.
 
„Wir werden uns den Koalitionsvertrag nun im Detail ansehen und schauen, welche unserer Forderungen und konkreten Vorschläge den Weg in den Vertrag gefunden haben und in welchem Umfang“, so Gudrun Heute-Bluhm, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags Baden-Württemberg.