Pressemitteilung P 146/2011 / AZ: 200.00 / Schaffung stabiler und verlässlicher Schulstrukturen muss oberstes Bildungsziel des Landes sein (07.12.2011)
07.12.2011 Az.: 200.00 P 146/2011
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Schaffung stabiler und verlässlicher Schulstrukturen muss oberstes Bildungsziel des Landes sein Der Städtetagsvorstand hat angesichts anstehender Kabinettsentscheidungen intensiv über notwendige Schulentwicklungen beraten und ist dabei über alle Stadtgrößen und Parteigrenzen hinweg einstimmig zu folgenden Ergebnissen gelangt: 1. Demografisch bedingt wird die Schülerzahl im Land stark sinken. Das gegenwärtig viergliedrige Schulsystem Baden- Württembergs wird mit der Gemeinschaftsschule ab kommendem Schuljahr gleichwohl in eine Fünfgliedrigkeit (Hauptschule, Werkrealschule, Realschule, Gymnasium, Gemeinschaftsschule) erweitert. Zudem werden allgemeine G9-Gymnasien neben G8-Gymnasien erprobt. Immer weniger Schüler auf immer mehr Schularten zu verteilen ist weder für das Land noch für die Kommunen und die Schulen selbst auf Dauer finanzierbar und tragbar. Die Vielgliedrigkeit verkompliziert zudem das Schulwesen und erschwert den Schülern damit die Schulwahl und den Schul- wechsel. Deshalb kann sie nur in einer kurzen Übergangszeit akzeptiert werden. Sie hat keine Zukunft. Städtetagspräsidentin OB Barbara Bosch betont: Vordring- lichstes bildungspolitisches Ziel der Landespolitik muss die Schaffung verlässlicher und verständlicher Schulstrukturen sein. Das Land müsse dazu mittelfristig ein stabiles zweigliedriges Schulsystem einführen, welches aus dem Gymnasium und einem zweiten Bildungsgang bestehe, der ebenfalls den direkten Weg zu allen Schulabschlüssen eröffne und dadurch bei den Eltern und Schülern breite Akzeptanz finde. Unter anderem die Sächsische Mittelschule belegt, dass dies bestens möglich ist, so die Präsidentin. Der Städtetag fordert das Land dringend auf, hierfür rasch ein Schulentwicklungskonzept zu fertigen. Er bietet ihm seine konstruktive Partnerschaft bei der Bewältigung dieser Herausforderung an. Alle Schularten sind in das Entwicklungs- konzept einzubeziehen, auch die Sonderschulen unter Berücksichtigung der Inklusionsvorhaben sowie die Beruflichen Schulen mit ihren stark nachgefragten Angeboten. 2. Gemeinschaftsschulen müssen nach den jüngsten Verlautbarungen des Kultusministeriums in ihrem Kernbereich (Klassen 5 bis 10) die Niveaus der Hauptschule, Werkreal- schule und Realschule sowie des Gymnasiums umfassen. Sie haben Schüler aller dieser Leistungsniveaus in gemeinsamen Lerngruppen zu unterrichten. In ihrem Kernbereich müssen die Gemeinschaftsschulen zudem gebundene Ganztagsschulen sein und generell behinderte Kinder inkludieren. Im Interesse der Kinder und Jugendlichen muss diese im öffentlichen Schulwesen neue Form des Unterrichtens sehr gut vorbereitet werden, bevor sie generell eingeführt wird. Das erfordert unter anderem die Einführung neuer Bildungspläne, Schulraummodelle und Sachkostenbeiträge sowie passgenaue Lehrerfortbildungsmaßnahmen und die Klärung der personellen Ausstattung dieser Schulen samt Festlegungen zur einheitlichen Bezahlung des aus Haupt- bzw. Werkrealschulen, Realschulen und Gymnasien an Gemeinschaftsschulen übergehenden Lehrpersonals. Mit den Kommunalen Landesverbänden hat das Land zuvörderst die konnexitätsrelevante Finanzierung der Schulausstattung zu klären. Alle diese Aufgaben sind derzeit noch offen. Unklar ist mangels Praxiserfahrungen ferner, welche Eltern bzw. Schüler sich unter welchen Voraussetzungen auf generelles Unterrichten ihrer Kinder in gemeinsamen Lerngruppen für alle Lernniveaus einlassen. Verlässliche Entscheidungsgrundlagen hierfür können nur aus dem Betrieb jener ca. 30 Schulen gewonnen werden, die zum Schuljahr 2012/13 den Gemeinschafts- schulbetrieb aufnehmen. Dennoch propagiert das Kultusministerium bereits jetzt, dass sich alle Haupt- und Werkrealschulen und damit auch Kleinst- schulen mit weniger als 100 Schülern zu Gemeinschaftsschulen weiterentwickeln können. Damit weckt das Ministerium bei diesen Schulen Hoffnungen, die es am Ende nicht erfüllen kann. Wir fordern vom Land, dass es hier keine Augenwischerei betreibt, sondern für Klarheit sorgt, hebt das Geschäfts- führende Vorstandsmitglied des Verbands, OB a. D. Prof. Stefan Gläser , hervor. Es werde, so Gläser, auf Sicht allenfalls noch einige wenige einzügige Haupt- bzw. Werkrealschulen geben können. Die Gemeinschaftsschuleinführung könne dieses Rad nicht zurückdrehen. Gemeinschaftsschulen müssen generell mindestens zweizügig sein. Nur dann können sie flächen- deckend betrieben werden, ohne dass die Kosten explodieren. Bei der Mittelzuweisung an Gemeinschaftsschulen ist die Gleichbehandlung aller Schularten zu wahren. Deshalb darf sich das Land jetzt nicht nur auf diese Schulen fokussieren. Es muss nun vor allem den vielen Realschulen, Gymnasien und Beruflichen Schulen helfen, die fast aus allen Nähten platzen, stellt Gläser weiter fest. Sollte das Ministerium seine Pläne nicht ändern, werden die Aufrufe des Ministeriums zur Gemeinschaftsschuleinrichtung fast nur bei den Haupt- und Werkrealschulen Gehör finden, ist der stellvertretende Städtetagspräsident OB Dr. Dieter Salomon überzeugt und gibt zu bedenken: Die Gemein- schaftsschulen werden dann das Erbe der Haupt- und Werkrealschulen antreten, während Realschulen und Gymnasien parallel weiteren Zulauf erhalten und von ihrer Schülerstruktur her zu den eigentlichen Gemeinschaftsschulen der Zukunft mutieren. Das würde die Fortsetzung des instabilen dreigliedrigen Schulsystems mit anderen Mitteln bedeuten. Schulpolitisch in dieser Weise auf der Stelle zu treten das dürfen wir uns im Interesse unserer Kinder und Jugendlichen keinesfalls leisten appelliert auch der stellvertretende Städtetagspräsident BM Rainer Stolz an das Land. Allen Haupt- und Werkrealschulen eine Zukunft als Gemeinschafts- schule zu verheißen, wäre nach seiner Überzeugung gerade für den Ländlichen Raum ein Danaergeschenk des Landes. Das führt zu einem unheilvollen Gezerre unter den Kommunen mit kleinen Haupt- und Werkrealschulen um Kinder mit dem einzigen Ziel, Schulstandorte zu halten, die letztlich nicht zu halten sind, weil es schlicht nicht mehr genügend Bedarf und nicht genügend Mittel dafür gibt. Gute Politik beginnt bei der Betrachtung und Akzeptanz der Wirklichkeit. Eine Städtetagsübersicht zu den Schulvorhaben des Landes und Städtetagsbewertungen hierzu mit Stand vom 26.11.2011 liegt zur ergänzenden Erläuterung bei. |
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