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Pressemitteilung P 117/2008 / AZ: ST42; ST637 / Städtetag will Landespolitik weiter mitgestalten - Präsident Gönner: Kommunaler Spitzenverband hat wegweisende Akzente gesetzt; Pressemitteilung (20.10.2008)


20.10.2008 – Az.: ST 637 – P 117/2008 – St/H – 0711 22921-14

 
E-Mail: manfred.stehle@staedtetag-bw.de

 
 
20. Oktober 2008
 
 
 
Städtetag will Landespolitik weiter mitgestalten
Präsident Gönner: Kommunaler Spitzenverband hat
wegweisende Akzente gesetzt
 
 
 
 
Stuttgart. Anlässlich der Hauptversammlung des Städte­tages Baden-Württemberg am 23. Oktober 2008 in Baden-Baden hat der Präsident des kommunalen Spitzenverbandes, Oberbürgermeister Ivo Gönner, den verbandspolitischen An­spruch betont, die Landespolitik weiter mitzugestalten. Präsident Gönner plädiert nachdrücklich für eine Fortsetzung des partnerschaftlichen Dialogs zwischen Land und Kommunen. Im gegenseitigen Respekt und in der gegen­seitigen Akzeptanz liege die große Chance, Interessen­konflikte auszugleichen und produktive Kräfte freizusetzen.
 
Der Städtetag habe der Landespolitik vielfältige Anstöße ge­geben und in zentralen Handlungsfeldern wegweisende Akzente gesetzt.
 
Mit der Vereinbarung über Bildung und Betreuung im vor­schulischen und schulischen Bereich, der Vereinbarung zum Ausbau der Ganztagesschulen sowie den gemeinsamen Eckpunkten zur Finanzierung des Ausbaus der Betreuungs­angebote für Kleinkinder, hätten Land und Kommunen ein stabiles Fundament für mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung, mehr Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie eine bessere Integration von Kindern mit Migrationshintergrund geschaffen. Vom Städtetag seien auch wichtige Impulse für die Bildungs­offensive des Landes ausgegangen. So habe der kommunale Bildungskongress am 20. Februar 2008 die Reformdebatte substanziell bereichert und das Reformtempo beschleunigt.
 
 
 
 
 
 
Für ein modernes Bildungsland Baden-Württemberg reiche die Bildungsoffensive aber nicht aus. Vielmehr bedürfe es weiterer Reformschritte, damit sich das Land im nationalen und europäischen Wettbewerb der Standorte behaupten kann. Bildung sei der Schlüssel für Gerechtigkeit, Innovation und Wachstum.
 
Für dringend erforderlich halte der Städtetag politische Weichenstellungen für ein längeres gemeinsames Lernen durch Kooperation von Kindergarten und Grundschule nach dem Vorbild der Bildungshäuser sowie den Ausbau der Kindergärten zu Bildungseinrichtungen. Leitbild für den Städtetag seien kommunale Bildungslandschaften und ein Lebensraum Schule mit integrierter Vernetzung von Erzie­hung, Bildung und Be­treuung, partnerschaftlich gestaltet von Kommunen, Pädagogen und Eltern. Dazu müsse das Land den Kommunen die Chance für Modellversuche geben, bei denen lokale Strukturen und Besonderheiten berücksichtigt werden können.
 
Das Konzept des Landes zur vorschulischen Sprachförde­rung diene der Verbesserung der Schulreife und gehöre des­halb zum Bildungsauftrag des Landes. Der Städtetag ver­misse bisher ein klares Bekenntnis der Landesregierung zu dieser Aufgabe. Die dauerhafte Finanzierung des Sprach­unterrichts müsse aus dem Landeshaushalt erfolgen. Die Heranziehung der Landesstiftung könne allenfalls als Über­gangslösung akzeptiert werden.
 
Verstärkt werden müssten die Anstrengungen zur Schaffung von Ganztagesschulen als Bildungseinrichtungen und zwar unabhängig von der Schulart. Da Ganztagesschulen immer mehr zum Normalfall werden, gebe es auch keinen plausiblen Grund mehr, sie rechtlich im Stadium des Provisorischen zu belassen. Ihre Verankerung im Schulgesetz sei überfällig. Sonst entstehe der fatale Eindruck, bei den Ganztages-schulen handle es sich um ein ungeliebtes Kind der Landes­regierung.
 
Bei der Reform der Hauptschule könne die Landesregierung auf die Unterstützung des Städtetages bauen. Wenn diese Schulart noch eine Chance haben solle, müssten die Kommunen rasch und konsequent Hauptschulen zusam­menlegen oder Schulverbünde einrichten. Die Zukunft gehöre der zweizügigen Werkrealschule mit Ganztages­betrieb.
 
Wenn diese Forderungen realisiert werden, könnten die Kinder individueller nach ihrer Begabung und un­abhängig von ihrer Herkunft gefördert werden. Jedes Kind müsse seine Chance bekommen.
 
 
 
 
 
 
 
 
Gesprächsbedarf mit dem Land sehe der Städtetag auch bei der Kleinkindbetreuung. Die von Bund und Ländern verein­barte Schaffung von Betreuungsplätzen für 34 v.H. der Kinder unter 3 Jahren bis 2013 – in Baden-Württemberg zusätzlich ca. 59 000 Plätze, insgesamt 91 800 Plätze – sowie der Rechtsanspruch auf Betreuung für Kinder vom vollendeten
1. bis zum 3. Lebensjahr ab dem Kindergartenjahr 2013/2014 habe, so Präsident Gönner, zu einem starken Anstieg der Nachfrage nach Betreuungsplätzen für Kleinkinder in den Städten geführt. Die Eltern würden keine Rücksicht auf ein von der Politik vorgegebenes Zeitfenster nehmen, sondern drängten wegen des individuell bestehenden Bedarfs zu einem schnellen Ausbau der Betreuungsangebote. Darauf müssten die Städte und das Land reagieren. Die Quote von 34 v.H. werde in vielen Städten auf keinen Fall ausreichen. Um den realen Bedarf finanziell abzusichern, müssten die gemeinsamen Eckpunkte von Land und Kommunen zur Finanzierung des Ausbaus der Betreuungsangebote für Kleinkinder noch einmal auf den Prüfstand.
 
 
Einen Qualitätssprung im Verhältnis von Land und Kom-munen sehe der Städtetag in der vom Landtag in diesem Jahr beschlossenen neuen Konnexitätsregelung . Durch die Neufassung von Art. 71 Abs. 3 der Landesverfassung sei nunmehr klar gestellt, dass eine Aufgabenübertragung durch das Land sowohl bei bisher von den Kommunen noch nicht wahrgenommenen Aufgaben als auch bei Aufgabenverände­rungen vorliegt und ggf. einen Kostenerstattungsanspruch der Kommunen auslöst. Außerdem sei das Land bei der Um­wandlung von Freiwilligkeits- in Pflichtaufgaben zur Erstat­tung der kommunalen Mehrkosten verpflichtet.
Präsident Gönner: Das jahrelange, sprichwörtliche "Bohren eines dicken Brettes" hat sich endlich gelohnt. Das Prinzip "Wer bestellt – bezahlt" lässt jetzt keinen Spielraum mehr für unterschiedliche Interpretationen sondern ist rechtlich bindend. Die Kommunen haben sich aus ihrer Bitt­stellerrolle verabschiedet und bewegen sich auf Augenhöhe mit dem Land.
 
Mit den wieder gestiegenen Steuereinnahmen, insbesondere über die Gewerbesteuer, müssten die Städte ihre Haushalte weiter konsolidieren, um genügend Spielraum für Zukunfts­investitionen zu gewinnen. Außerdem gelte es, Vorsorge für Zeiten geringeren Wirtschaftswachs­tums und rückläufigen Steuereinnahmen zu treffen. Bereits heute gebe es erste An­zeichen für eine konjunkturelle Ab­flachung. Steuersenkungen hätten für die Städte deshalb keine Priorität.
 
 
 
 
 
 
 
Der demografische Wandel werde, so Präsident Gönner, immer mehr zum Megathema für die Städte.
Vom Demografiekongress des Städtetages im Juni 2007 seien wichtige Anstöße zur Bewältigung des demografischen Wandels ausgegangen. Der Kongress habe auch deutlich gemacht, dass die demografi­schen Verände­rungen in alle gesellschaftlichen Bereiche ein­dringen und von den Städten, wenn auch in unterschied­licher Weise, Antworten abverlan­gen. Die Städte würden auf die demo­grafische Herausforde­rung zunehmend mit Strategien und Konzepten reagieren, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind.
 
 
Unsere Städte, so Präsident Gönner, wollen ein Europa der Bürger . Dieses könne aber nur erreicht werden, wenn die europäische Politik die Prinzipien der kommunalen Selbstver­waltung achtet und die kommunale Daseinsvorsorge garantiert. Brüssel dürfe sich in Zukunft nicht mehr um jedes Detail kümmern, das in regionaler und lokaler Verantwortung besser und schneller gelöst werden kann, sondern müsse sich auf die zentralen Handlungsfelder beschränken, die einer ge­meinsamen Lösung bedürfen.
 
Im ständigen Dialog mit der Landesregierung, den Europa­abgeordneten aus Baden-Württemberg und Vertretern der Europäischen Kommission, hätten die Kommunalen Spitzen­verbände die kommunalen Interessen bei der Diskussion über den Lissabon-Vertrag nachhaltig und im Er­gebnis erfolg­reich vertreten. Der Vertrag sei ein Meilenstein auf dem Weg zu einem demokratisch verfassten und regional verankerten Europa. Er anerkenne ausdrücklich die politische und ver­fassungsrechtliche Struktur der Mitglied­staaten ein­schließlich der regionalen und kommunalen Selbstver­waltung.
Die EU-Kommission müsse endlich akzeptieren, dass die Mitgliedstaaten selbst bestimmen wollen, wie sie die Leistungen der Daseinsvorsorge gesetzlich regeln und finanzieren. Mit aller Entschiedenheit trete der Städtetag Be­strebungen der Kommission entgegen, die kommunale Ver­antwortung für die Grundversorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Da­seinsvorsorge, etwa im Bereich der Ver- und Entsorgung, in Frage zu stellen.
 
 
Große Sorge bereite dem Städtetag, so Präsident Gönner, die Zukunft der Stadtwerke . Diese seien für die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Strom, Fernwärme und Gas verantwortlich und würden zum Wettbewerb auf dem Energiesektor beitragen. Die Stadtwerke seien auch Garanten dafür, dass die Städte andere Aufgaben wie den öffentlichen Nahverkehr und Schwimmbäder finanzieren
 
 
 
 
 
 
 
 
können. Denjenigen, die diese Quersubventionierung ständig in Frage stellten, schreibe der Städtetag ins Stammbuch, dass Daseinsvorsorge und kommunale Selbstverwaltung unteilbar sind. Deshalb werde der Städtetag die Existenz der Stadtwerke gegen alle Angriffe, egal ob aus Brüssel unter der Flagge der EU-Beihilfekontrolle oder aus Berlin über Anreiz­regulierung und Preiskontrolle, mit "Zähnen und Klauen" verteidigen. Der Städtetag begrüße, dass die Landesre­gie­rung in den Stadtwerken wichtige Partner bei der Um­setzung der energiepolitischen Ziele des Landes, insbeso­ndere der dezentralen Energieversorgung und den Ausbau erneuer­barer Energien, sieht. Der Städtetag erwarte von der Landes­regierung aber auch ein konsequentes Eintreten für wettbe­werbsfähige Stadtwerke.
Die Zukunft der Stadtwerke sei Thema eines Kongresses, den der Städtetag zusammen mit dem Verband kommunaler Unternehmen am 12. März 2009 in Karlsruhe veranstalten werde.
 
 
Kommunale Belange und Forderungen, so Präsident Gönner abschließend, müssten in der Landespolitik auch in Zukunft angemessen berücksichtigt werden. Der Städtetag werde deshalb weiterhin Defizite offen an­sprechen und mit Landes­regierung und Landtag um die jeweils beste Lösung streiten.
 
 
 
 
 
 
 

 
 

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