Pressemitteilung P 102/2007 / AZ: 200.205 / Resolution der im Städtetag organisierten Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister zur Ganztagsschulpolitik des Landes (03.05.2007)
03.05.2007 Az: 200.205 P 102/2007 St/H 0711/22921-14
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3. Mai 2007 Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister der Großen Kreisstädte: Rasche Korrekturen in der Ganztagsschulpolitik des Landes unabdingbar Stuttgart/Eppingen Wie der Vizepräsident des Städtetags Baden-Württemberg, Leonbergs OB Bernhard Schuler, gegenüber der Landespresse mitteilt, haben die im Städtetag organisierten Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister heute in Eppingen folgende Resolution verabschiedet: Die Kommunen übernehmen aufgrund einer Vereinbarung der Kommunalen Landesverbände mit dem Land vom 04. November 2005 85 % der Erstinvestitionskosten und 100 % der Folgeinvestitionskosten für den Ausbau von 40 % der Halbtagsschulen zu Ganztagsschulen. Im Jahre 2015 sollen demnach etwa 1.800 Schulen mit einem Ganztagsbetrieb ausgestattet sein. Zu dieser Übereinkunft bekennt sich der Städtetag uneingeschränkt. Weiterhin auf strikte Ablehnung des Städtetags stößt hingegen das von der Landesregierung ohne Beteiligung der Kommunalen Landesverbände am 20. Februar 2006 verabschiedete Konzept zum laufenden Ganztagsschulbetrieb. Nachdem Städte und Gemeinden in den vergangenen Wochen erstmals Bescheide zur Einrichtung von Ganztagsschulen mit Wirkung zum Schuljahr 2007/08 erhalten haben, werden die gravierenden Unzulänglichkeiten des Landeskonzepts vielerorts offenkundig. Die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister fordern die Landesregierung eindringlich auf, folgende Städtetagspositionen umgehend aufzugreifen und im Nachtragshaushalt die erforderlichen zusätzlichen Landesmittel bereit zu stellen: 1. Halbtagsschulen, die zu Ganztagsschulen umgewandelt werden, müssen ihren Unterrichtsbetrieb komplett umstellen. Das Land fordert insbesondere die Rhythmisierung des Unterrichts bei allen Klassen dieser Schulen, also nicht nur bei Ganztagsklassen. Die Zuweisung zusätzlicher Lehrerdeputate für diese Angebotserweiterung ist jedoch völlig unzureichend 1 . Sie bewegt sich beispielsweise bei offenen Realschulen in der Größenordnung zwischen 1 % und 2 %. Dass mit einer solch geringfügigen Personalaufstockung kein Ganztagsschulbetrieb realisiert werden kann, ist offenkundig. Ganztagsschulen müssen deshalb in die Lage versetzt werden, ihre Angebotszeiträume (offene Ganztagsschulen 4 x 7 Zeitstunden/Woche, gebundene Ganztagsschulen 4 x 8 Zeitstunden/Woche) mit eigenem pädagogischen Personal zu bewältigen. Dementsprechend sind die Deputatszuweisungen zu erhöhen. Kommunale Betreuungsangebote und Jugendbegleiter können Schulangebote nur ergänzen. Sie dürfen nicht weiterhin als Lückenbüßer für fehlende Lehrerressourcen benutzt werden. 2. Die erstmalige Zuweisung von Deputatsstunden an offene Ganztagsschulen aufgrund des Landeskonzepts ist als Zusatzleistung des Landes gepriesen worden. Selbst dieses bescheidene Landesengagement ist für die Städte und Gemeinden allerdings ein Danaergeschenk, denn mit ihm ist der Wegfall jeglicher Landesförderung für kommunale Betreuungsmaßnahmen (Verlässliche Grundschule, flexible Nachmittagsbetreuung, Horte an der Schule) verbunden. Damit werden die zusätzlichen Lehrerdeputate de facto von den Kommunen finanziert. Deshalb fordern die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister erneut die uneingeschränkte Beibehaltung der Landesförderung für kommunale schulische Betreuungsmaßnahmen an offenen Ganztagsschulen. Diese Förderung deckt im Übrigen nur etwa ein Drittel der entstehenden Kosten. Den Rest haben ohnedies die Kommunen oder Schüler bzw. deren Eltern zu finanzieren. 3. Bei gebundenen Ganztagsschulen führt das Landeskonzept sogar zu einer Verschlechterung der Deputatszuweisungen. Gebundene Ganztagshauptschulen erhalten jetzt nur noch 5 statt 7 Lehrerwochenstunden pro Ganztagsklasse, gebundene Ganztagsgrundschulen 6 statt 10 Lehrerwochenstunden pro Ganztagsklasse. Deshalb fordern die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister, neuen gebundenen Ganztagsschulen Deputatszuweisungen in derselben Höhe zu gewähren wie den bereits bestehenden Schulen. Für die jetzige Ungleichbehandlung ist kein sachlicher Grund ersichtlich. Sie dient vielmehr nur der Einsparung von Personalkosten des Landes zu Lasten der Kommunen. Ferner muss das Land auch kommunale Betreuungsangebote an gebundenen Ganztagsgrundschulen fördern. Bislang ist die Landesförderung aus unerfindlichen Gründen auf Betreuungsangebote an gebundenen Ganztagshauptschulen begrenzt. 4. Nach dem Schulgesetz obliegt die Schulaufsicht während des ganzen Schultags den jeweiligen Schulleitungen. Das Land nutzt die rechtliche Hintertür, die ihm durch die Genehmigung von Ganztagsschulen als Schulversuche nach § 22 Schulgesetz eröffnet wird, um den kommunalen Schulträgern abweichend hiervon die Aufsicht während des Schulmittagessens aufzubürden. Diese Umgehung von Pflichten zu Lasten der Kommunen zeugt von einem falschen pädagogischen Verständnis von Ganztagsschule. Das Schulmittagessen gehört zu den Kernelementen dieser Schulen. Die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister fordern deshalb vom Land die Übernahme der Verantwortung für die Mittagessensaufsicht durch die jeweilige Schule. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. 5. Das Land muss Ganztagsschulen mehr als 20 Jahre nach dem Start der ersten Ganztagsschulversuche endlich im Schulgesetz verankern und damit dem Beispiel nahezu aller anderen Bundesländer folgen. Nur mit diesem justiziablen Bekenntnis des Landes zur eigenen Politik erhalten die Ganztagsschulen Bestandssicherheit und wird verhindert, dass den Kommunen weiterhin am Schulgesetz vorbei Sonderlasten beim pädagogischen Ganztagsschulbetrieb aufgebürdet werden. |
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