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P 271/2016 Az.: 047.43 / Presseinformation zur Hauptversammlung 2016, Mannheim (21.11.2016)

PRESSEINFORMATION Geschäftsführendes  
Vorstandsmitglied

Bearbeiterin
Christiane Conzen
 
E
christiane.conzen@staedtetag-bw.de
T 0711 22921-
48
F 0711 22921-42
 
Az
047.43 - P 271/2016 · Co
 

17.11.2016

 

Kommunen wollen mehr

finanzielle Gestaltungsfreiheit 
 
Am Mittwoch, 23. November 2016, findet die zweijährliche Hauptversammlung des Städtetags Baden-Württemberg statt. In Mannheim kommen knapp 600 Bürgermeister, Oberbürgermeister, Gemeinderäte und weitere Teilnehmer zusammen.
 
Das jüngste und zugleich momentan wichtigste Thema steht für die Kommunen und ihre Vertreter immer noch ganz oben auf der Agenda: die Finanzen und das in der Gemeinsamen Finanzkommission erzielte Ergebnis der Finanzzuweisung für die Kommunen.
 
„Wir haben ein Ergebnis für die Finanzierung der kommunalen Aufgaben gefunden. Grundsätzliche Einsicht in die Notwendigkeit, die kommunale Aufgabenerfüllung stärker zu unterstützen, konnten wir aber nicht erkennen“, bedauerte Städtetagspräsidentin Barbara Bosch, Oberbürgermeisterin von Reutlingen. Das Land habe über weite Strecken argumentiert, den Kommunen gehe es besser als dem Land, weil sie weniger Schulden haben. Das sei jedoch eine schiefe Wahrnehmung: „Die Kommunen haben seit 50 Jahren eine Schuldenbremse, die zumindest in Baden-Württemberg auch vom Land streng durchgesetzt und überwacht wird. Auch wenn wir das nun gefundene Ergebnis als Gesamtpaket mittragen, müssen wir feststellen, dass es die finanzschwächeren Kommunen und die großen Städte mit ihren Soziallasten besonders hart trifft, wenn gerade beim Finanzausgleich eingegriffen wird.“ Als Beispiele nannte sie Freiburg im Breisgau und Pforzheim: Freiburg verliert durch die Erhöhung des Vorwegabzugs voraussichtlich 5 bis 6 Millionen Euro, Pforzheim muss mit 4 Millionen Euro weniger auskommen. Für Schwäbisch Gmünd bedeutet das Ergebnis ein Minus von 2,6 Millionen Euro.
 

Wohnungsbau – Wohnraumallianz
Als „gut unterwegs“ bezeichnete Präsidentin Bosch den Städtetag und das Land mit Blick auf mehr Wohnraum. In den Arbeitsgruppen zeichnet sich für die Wohnraumförderung eine Verbesserung ab. Ein greifbares Ergebnis fehle aber bislang insbesondere beim Flächenmanagement: „Für den schwierigen Ausgleich von Siedlungsflächenentwicklung und Artenschutz brauchen wir eine praktikable Handreichung.“ Gudrun Heute-Bluhm, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags Baden-Württemberg, erinnert an die Vorschläge in dem mit anderen Partnern erarbeiteten Positionspapier „Drei Säulen für mehr Wohnraum“ und das gemeinsame Eckpunktepapierfür ein Wohnungsbaubeschleunigungsgesetz, welches in wesentlichen Punkten in die Koalitionsvereinbarung Eingang gefunden hat. „Vom Bund erwarten wir, dass die mietrechtlichen Vorschriften ausgewogener gestaltet werden und das Ministerium für ländlichen Raum ist neben dem Wirtschaftsministerium bei der Wohnraumförderung im ländlichen Raum gefordert.“
 
Schulsanierung
Baden-Württemberg befindet sich im größten Umbruch seiner Schullandschaft seit Bestehen des Landes. Früher stand der Neubau von Schulgebäuden ganz im Fokus, weil eine stetig und stark wachsende Schülerzahl zu versorgen war. Da diese Wachstumszeiten vorbei sind, liegt der Schwerpunkt nun bei der Schulbaumodernisierung.
 
Die kommunalen Schulträger stehen vor neuen Herausforderungen: Umwandlung des Schulsystems, Ganztagsschulen, Gemeinschaftsschulen, Inklusion an Schulen, die Umsetzung der umfassenden Bildungsplanreform 2016 und die Digitalisierung des Unterrichts sind nur die wichtigsten Veränderungen und gleichzeitig Herausforderungen. Auf drei bis vier Milliarden Euro beläuft sich der Schulbaumodernisierungsstau im Land nach Berechnungen des Städtetags für die nächsten 15 bis 20 Jahre. Ein Beispiel: Die Stadt Schwäbisch Gmünd hat in den vergangenen fünf Jahren rund 18 Millionen Euro in die Modernisierung ihrer Schulen gesteckt.
„Wir können nicht akzeptieren, dass das Land hier immer nur die Verantwortung der Schulbauträger für die angebliche unterlassene Bauunterhaltung vorschiebt. Die immensen Anforderungen durch Brandschutz, Klimaschutz und Barrierefreiheit lassen nahezu jede Modernisierung zu einer Grundsanierung werden,“ ergänzt Gudrun Heute-Bluhm.
 
„Wenn das Land nun seinen Sanierungstopf für die Kommunen öffnet, ist das ein Anfang, aber kein Ersatz für ein umfassendes Schulbaumodernisierungsprogramm“, bekräftigt Barbara Bosch, „wir begrüßen dies als Einstieg in ein Landesprogramm.“
 
ÖPNV
Ein Thema, das schon bei der Hauptversammlung 2014 angesprochen wurde, ist eine Nachfolgeregelung für das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG). Der Städtetag hat das Land in den vergangenen Jahren vielfach aufgefordert, eine Nachfolgeregelung zu schaffen, da der Bund nur noch bis 2019 jährlich 165 Millionen Euro für die kommunale Verkehrsinfrastruktur in Baden-Württemberg zur Verfügung stellt.
 
Inzwischen haben Bund und Länder dazu eine Vereinbarung getroffen. Diese sichert dem Land die bisherigen Mittel auch über 2020 hinaus: Die Position des Städtetags dazu ist klar und eindeutig: „Wir erwarten vom Land eine klare Aussage, dass diese Mittel in der Verantwortung des Landes weiter bereitgestellt werden.“
 
Daneben fordert der Städtetag seit langem die Anhebung des Gesamtfördervolumens des LGVFG. Diese dürfe sich nicht nur auf den Straßenbau beziehen wie im Koalitionsvertrag geschehen, sondern auf den gesamten Förderbereich des LGVFG, insbesondere auf die investiven Maßnahmen im ÖPNV. „Ein erster Einstieg wäre ein Sonderprogramm für die Beschaffung von Schienenfahrzeugen, dafür sind in den Nebenabreden 25 Millionen Euro strukturell vorgesehen“, erklärte Gudrun Heute-Bluhm.
„Das wäre ein Einstieg, der aber wohl im bisherigen Haushaltsentwurf nicht vorgesehen ist. Diese Förderung ist zwar als Tatbestand im Gesetz angelegt, aber seit vielen Jahren nicht mit Fördermitteln hinterlegt. Für den Ausbau des ÖPNV ist die Schienenfahrzeugförderung aber unerlässlich.“
 
Zusätzlich müsse die Förderung für den barrierefreien Ausbau der Bushaltestellen deutlich angehoben werden: Für die gesetzlich geforderten Maßnahmen sind allein in der Stadt Stuttgart und nur für Bushaltestellen 20 Millionen Euro erforderlich.
 
Integration
Das Thema, das die Städte und Gemeinden in den letzten beiden Jahren am intensivsten und am vielfältigsten beschäftigt hat, war die Unterbringung der Flüchtlinge. „Politik, Verwaltung, Ehrenamt – sie alle haben vor Ort Unglaubliches geleistet“, lobte Barbara Bosch das Engagement vor Ort. „Inzwischen sind die Feldbetten aus den Turnhallen wieder verschwunden. Jetzt heißt es, in der Anschlussunterbringung die Neuankömmlinge in unsere Gesellschaft zu integrieren und Wege zu finden, damit Zusammenleben gelingt.“
 
Im Rahmen der Finanzverhandlungen der letzten Wochen hat der Städtetag auch über die finanziellen Eckdaten des Paktes für Integration verhandelt. Nun gehe es um die Inhalte und die konkreten Vorgaben für die Förderprogramme.
 
Wichtig ist hier eine schnelle Zusage des Landes, dass es unschädlich für die Förderung ist, wenn vor Ort gehandelt wird und die Förderrichtlinien und die konkreten Anträge erst später kommen. Alles andere wäre in diesem Thema ungerecht, da das Geld ja vom Bund bereitgestellt wird.
 
Wichtig war den Vertreterinnen des Städtetags außerdem: „Neben den Neuankömmlingen dürfen wir diejenigen nicht vergessen, die schon länger hier leben, aber auch noch nicht in unsere Gesellschaft integriert sind – sie müssen wir bei den Angeboten, die wir machen, ebenfalls berücksichtigen.“
 
Inklusive Quartiere
Barbara Bosch und Gudrun Heute-Bluhm stellten außerdem kurz das neue, interdisziplinär ausgerichtete Projekt des Städtetags vor: „Inklusive Quartiere – Umgang mit Anderem im Lebensraum Stadt“ ist ein Projekt, um nach Formen und Wegen zu suchen, Inklusion beim Bauen, Wohnen und Zusammenleben Wirklichkeit werden zu lassen. Die Kernfrage, auf die das neue Pilotprojekt Antworten sucht, heißt: „Wie wollen wir in Zukunft zusammen leben?“
 
Digitale Agenda des Landes und der Kommunen
„Städte im Spannungsfeld zwischen Zuwanderung und Smart City“ lautet der Titel der diesjährigen Hauptversammlung. Digitalisierung ist das Thema der Zukunft – eines, das in die verschiedensten Bereiche hineinspielt: Technik und ihre Umsetzung, Bildung, Wissenschaft und Verwaltung.
 
Das Land hat sich im Koalitionsvertrag zwei politische Schwerpunkte vorgenommen. Zu einem dieser Schwerpunkte – der Haushaltskonsolidierung des Landes – müssen die Kommunen überproportional beitragen, indem sie durch den erhöhten Vorwegabzug herangezogen werden.
 
„Für den zweiten Schwerpunkt, als Projekt „digital@bw“ ausgewiesen, will die Landesregierung in dieser Legislatur mit dem sogenannten Digitalisierungspaket 325 Millionen Euro bereitstellen: „einmalig“, wie es dazu in den Nebenabreden heißt“, sagt Gudrun Heute-Bluhm. „Für die Kommunen ist die Breitbandverkabelung existentiell wichtig – der Städtetag setzt sich daher schon nach Kräften dafür ein. Dasselbe wünschen wir uns vom Ministerpräsidenten gemeinsam mit dem für Digitalisierung zuständigen Innenministerium.“
 
Weitere entscheidende Bausteine für gelingende Digitalisierung seien die digitale Infrastruktur in den Schulen, funktionierendes E-Government in den Verwaltungen sowie Datensicherheit und Datenschutz.
 
 
 
Hauptversammlung
Die Hauptversammlung ist das oberste Organ des Städtetags Baden-Württemberg und wird von der Präsidentin des Städtetags alle zwei Jahre durch schriftliche Einladung an alle 185 Mitgliedstädte einberufen.

 
Zusammensetzung
Die Hauptversammlung besteht aus den Oberbürgermeister/-innen/ und Bürgermeister/-innen der Mitgliedstädte oder deren Stellvertreter/-innen sowie aus weiteren Mitgliedern aus den Gemeinderäten der Mitgliedstädte.
 

Zuständigkeiten
- Beschlussfassungen über die Satzung des Städtetags
- Entlastung des Vorstands und des Geschäftsführenden Vorstandsmitglieds
- Beschlussfassung über Anträge aus der Mitte der Hauptversammlung
- Beschlussfassung über Vorschläge des Vorstands
- Beschlussfassung über die Auflösung des Städtetags
 
  
 



Dokumente: