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P 189/2014 Az.: ST640 / Pressemitteilung zu Hauptversammlung am 23. Oktober 2014 (21.10.2014)

Finanzbeziehungen Land – Kommunen

Stuttgart. Die Umsetzung des Pakts für Familien mit Kindern hat dazu geführt, dass die Förderung für einen Ganztages-betreuungsplatz von 12.823 Euro in 2013 auf 9.421 Euro gesunken ist (-26,5 Prozent). Statt 568 Mio. Euro im Jahr 2013 liegt die Gesamtförderung des Landes trotz Zunahme der Betreuungsplätze in 2014 nur bei 455 Mio. Euro (-113 Mio. Euro). Gleichzeitig sind die Einnahmen aus der erhöhten Grunderwerbsteuer in 2013 um 12,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen (der beim Land verbleibende Anteil lag bei über 800 Mio. Euro). Das Land hatte die Anhebung der Grunderwerbssteuer auf 5 Prozent in 2011 damit begründet, dass die zusätzlichen Mittel in den Ausbau der Betreuungsangebote fließen sollten. Der Städtetag hat das Land mehrfach aufgefordert, die Vereinbarung aus 2011 dahingehend zu überprüfen, dass tatsächlich 68 Prozent der Ausgaben bei den Kommunen erstattet werden.
Nach einigen Verhandlungsrunden haben sich Land und Kommunale Landesverbände nun auf Folgendes verständigt:

1. Für investive Maßnahmen in der Kleinkindbetreuung ab 2015 ein einmaliges Förderprogramm aus Landesmitteln von 50 Mio. EUR aufzulegen. In dieses sind, im Rahmen der haushaltsrechtlichen Möglich-keiten, Maßnahmen, die zwischen dem 1.7.2012 und dem 1.4.2014 begonnen wurden und soweit diese beim Investitionsförderungsprogramm des Bundes 3. Tranche 2015 - 2018 nicht berücksichtigt werden konnten, mit einzubeziehen.

2. Um die vereinbarungsgemäße Beteiligung des Landes von 68 Prozent an den Betriebsausgaben der Kleinkindbetreuung auf Basis der Jahresrechnungs-statistik des zweitvorangegangenen Jahres zu gewährleisten, ist die Vereinbarung im Pakt für Familien mit Kindern vom 1. Dezember 2011 an die gegenwärtige Entwicklung anzupassen. Zu diesem Zweck sind

- die der Vereinbarung zu Grunde gelegten Elternanteile mit Wirkung ab dem Jahr 2015 von bisher 8 Prozent auf 20 Prozent zu erhöhen sowie
- die künftig zu berücksichtigenden Elternanteile von 20 Prozent und die Berechnungssystematik, auf Basis der Jahresrechnungsstatistik 2015, im Jahr 2017 auf Änderungsbedarf zu überprüfen und ggf. anzupassen.

3. Die Berücksichtigung der auf die Kleinkindbetreuung
entfallenden Gebäudebewirtschaftungs- und
Gebäudeunterhaltungsausgaben - auch bei Gemein-den mit zentralem Gebäudemanagement - wird ab dem Jahr 2017 durch die Änderung der Buchungs-struktur für die Erstellung der Jahresrechnungsstatistik ab dem Jahr 2015 sichergestellt.

4. Die Kommunen tragen ab dem Jahr 2015 jährlich 11 Mio. EUR zusätzlich zur Kofinanzierung von Bundes-mitteln zur Gemeindeverkehrsfinanzierung bei.
Die Einigung steht noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Landtags.

Inklusion an Schulen: Ressourcen konzentrieren, nicht atomisieren

Stuttgart. Ziel der Inklusion an Schulen ist, nicht die Behinderung, sondern den Menschen ganz in den Mittelpunkt zu rücken. Der Städtetag trägt dieses Ziel uneingeschränkt mit. Es ist konsequent, dazu die Sonderschulpflicht abzuschaffen. Nach dieser Abschaffung wird es für Kinder mit und ohne Behinderung nur noch eine einheitliche Schulpflicht geben.

Die Sonderschulpflicht abzuschaffen bedeutet aber nicht, dass die Sonderpädagogik dadurch überflüssig wird. Schülerinnen und Schüler mit Behinderung benötigen vielmehr weiterhin sonderpädagogische Expertise im Unterricht. An welcher Schule und in welchem Rahmen diese Kinder unterrichtet werden, wird nach Abschaffung der Sonderschulpflicht allerdings für jedes Kind individuell festzulegen sein.

Das ist ein sehr ambitioniertes Vorhaben. Es bedeutet, die Sonderschulen als Einrichtungen zu erhalten und zugleich den Schülerinnen und Schülern mit Behinderung an den allgemein bildenden Schulen künftig eine gleichwertige alternative Unterrichtsoption anzubieten. Diese Parallelität erfordert auf Seite der Kommunen erhebliche zusätzliche Ressourcen (inklusionsgerechte Schulhäuser und Schulausstattung, mehr Schulbegleiter bzw. Eingliederungs-und Jugendhilfe, höhere Schülerbeförderungskosten). Das Land muss ihnen hierfür einen entsprechenden finanziellen Ausgleich leisten. Das verlangt die Landesverfassung (Konnexitätsprinzip) und mit ihr der Städtetag.

Das Land leistet der Inklusion einen Bärendienst, wenn es die Schulen und Kommunen mit ihr überfordert. Nach dem von der Landesregierung im Juli beschlossenen Konzept der „gruppenbezogenen Inklusion" entscheidet sich jeweils erst im Zuge der Schulanmeldungen und damit kurz vor Beginn eines neuen Schuljahrs, an welchen Schulen Inklusion konkret stattfindet. Die Inklusionsstandorte werden sich so von Jahr zu Jahr vermehren, ohne dass sich dieser Prozess schulträgerseitig planen oder gar vorbereiten lässt. Ohnedies knappe Ressourcen werden dadurch nicht konzentriert, sondern atomisiert.

Der Städtetag fordert das Land deshalb dringend auf, gemeinsam mit den Kommunen feste Schulorte für gruppenbezogene Inklusion frühzeitig festzulegen. Dadurch können begrenzte personelle, sächliche und finanzielle Ressourcen effektiv eingesetzt werden. So lassen sich ferner gebündelt Erfahrungen mit der Inklusion sammeln. Nord¬rhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz verfahren derart. Feste Inklusionsstandorte können in den Regionalen Schulentwicklungsprozessen festgelegt werden, die derzeit allerorten laufen. Nichts dient den Kindern mit Behinderung mehr als Schulen und Schulträger, die sich im Rahmen dieser Prozesse gezielt für die Inklusion entscheiden und diese wichtige Aufgabe gut vorbereitet wahrnehmen können.

Städtetag erwartet vom Land mehr Unterstützung bei Flüchtlingsunterbringung

Der Städtetag hat im Vorstand das Thema der Flüchtlingsunterbringung beraten und beim Flüchtlingsgipfel am 13.10.2014 folgende zentrale Forderungen des Verbandes an das Land gerichtet:

1. Die Unterbringungskapazität in den Erstaufnahme-einrichtungen ist so zu erhöhen, dass Asylbewerber dort länger verbleiben können. Neben der Erhöhung der Personalkapazität muss künftig auch die medizinische Versorgung verbessert werden.

2. Die Asylbewerber aus sicheren Drittstaaten, die in ihre Heimatländer nach Abschluss ihres Verfahrens zurückgeführt werden können, sollten in der Landesaufnahmestelle verbleiben und nicht auf die Stadt-und Landkreise verteilt werden. „Dadurch würde erreicht werden, dass den für die vorläufige Unterbringung zuständigen Stadt- und Landkreisen mehr Zeit verbliebe, Integrationsleistungen für diejenigen zu erbringen, die längere Zeit in den Kreisen verbleiben“, so Heute-Bluhm, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied.

3. Für die vorläufige Unterbringung in den Stadt- und Landkreisen gewährt das Land eine einmalige Kostenpauschale. „Wir sind uns mit dem Land darin einig“, so Heute-Bluhm, „dass diese Pauschale die tatsächlichen Kosten nicht abdeckt“. Aus diesem Grunde fordert der Städtetag die Landesregierung auf, die Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in vollem Umfang zu übernehmen und eine Spitzabrechnung zumindest für die Liegenschaften und für Kosten der Krankenbehandlung vorzusehen. Die derzeit stattfindende Kostenrevision, die in Abstimmung mit dem Land erfolgt, bleibt abzuwarten.

4. Die Präsidentin des Städtetages, Frau Oberbürger-meisterin Barbara Bosch, hat Ministerpräsident Kretschmann dafür gedankt, dass er im Bundesrat den Asylrechtskompromiss ermöglicht hat. „Damit hat er den Kommunen in Baden-Württemberg einen großen Dienst erwiesen".

5. Um das ehrenamtliche Engagement vor Ort zu stärken, sollten vom Land weitere finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Das Geschäftsführende Vorstands-mitglied des Städtetags, Frau Gudrun Heute-Bluhm schlägt vor, die bereits bestehende „Verwaltungs-vorschrift Integration“ des Landes auf Asylverfahren zu erweitern. Diese ermögliche den Kommunen, ein Netzwerk von vielfältigen bedarfsgerechten Maßnahmen zur Integration zu bilden. So könnten die Stadt- und Landkreise für diese Menschen Angebote machen, die auch der künftigen beruflichen Integration dienen. Mehr finanzieller Unterstützung bedürfen auch die Kommunen, die für die Anschlussunterbringung zuständig sind. Sie tragen die Verantwortung für die Integration gerade auch derjenigen Flüchtlinge, deren Verfahren schnell und erfolgreich abgeschlossen werden kann

6. Ein wichtiger Beitrag bei ihrem Weg, auch junge Menschen in unsere Gesellschaft zu integrieren, ist es, Ausbildungsplätze zu finden und diese Menschen in ihrem Weg zu begleiten. Um diesem Ziel gerecht zu werden, bedarf es eines frühzeitigen parallelen Sprachunterrichts. Dies gilt nicht nur für Jugendliche, sondern auch für erwachsene Berufstätige. Nur so haben diese Menschen eine reelle Chance auf dem deutschen Arbeitsmarkt. „Die im Rahmen des Asylrechts-kompromisses vorgezogene Arbeitserlaubnis liefe ins Leere, wenn sprachliche Barrieren letztendlich diese Chance zunichtemachen würden“, so Heute-Bluhm. Der Städtetag möchte gemeinsam mit den zuständigen Ministerien Integationsmodule erarbeiten, um eine schnelle Hilfe vor Ort zu ermöglichen.

Gemeindeverkehrsfinanzierung

Stuttgart. Das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungs-gesetz (LGVFG) greift für kommunale Verkehrs-infrastrukturmaßnahmen bis 50 Mio. EUR im Straßenbau und ÖPNV. ÖPNV-Maßnahmen werden nach dem LGVFG bislang mit bis zu 75 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten vom Land gefördert, Straßenbauvorhaben mit bis zu 70 Prozent. Für große Maßnahmen über 50 Mio. EUR Investitionssumme kommt das Förderprogramm des Bundes-GVFG zur Anwendung, in dem eine Förderquote von 60 Prozent festgeschrieben ist, die dann um 20 Prozent vom Land auf insgesamt 80 Prozent ergänzt wird. Die restlichen 20 Prozent sind vom kommunalen Aufgabenträger aufzubringen. Beide Förder-programme laufen im Jahr 2019 aus. Eine Nachfolge-regelung ist bislang weder auf Bundes-noch auf Landesebene in Sicht. Gerade mit Blick auf die Planungs- und Umsetzungszeiträume von ÖPNV-Vorhaben benötigen die Kommunen dringend ein Signal, wie es mit der Gemeindeverkehrsfinanzierung nach 2019 weitergehen wird.

LGVFG:
Für den gesamten Bereich der Landesgemeinde-verkehrsfinanzierung stehen jährlich 165 Mio. Euro zur Verfügung. Dabei handelt es sich ausschließlich um Bundesmittel aus dem Entflechtungsgesetz. Eigene, originäre Landesmittel stellt das Land seit dem Jahr 2011 nicht mehr zur Verfügung. Aktuell hat das Land den Kommunalen Landesverbänden mitgeteilt, dass eine Ausweitung der Fördertatbestände des LGVFG beabsichtigt ist. Damit setzt das MVI eine Reihe von Änderungen der
Gemeindeverkehrsfinanzierung fort, die nicht immer im Sinne Städtetags waren.

Zunächst wurde bereits im Jahr 2011 eine Umschichtung der Fördermittel innerhalb des LGVFG zugunsten des sogenannten Umweltverbundes (Rad, Fußgänger und ÖPNV) vorgenommen. Zugleich wurden schon zu diesem Zeitpunkt neue Fördertatbestände eingeführt, ohne zugleich das Gesamtfördervolumen entsprechend anzupassen. Aus Sicht des Städtetags ist für eine Stärkung des
Umweltverbundes wie auch für eine Ausweitung der Fördertatbestände eine landesseitige Erhöhung der Fördermittel unabdingbar. Die im Koalitionsvertrag dokumentierte „kommunalfreundliche Ausgestaltung des LGVFG“ wird bei Beibehaltung des lediglich aus Bundesmitteln finanzierten Fördervolumens nicht erreicht werden. Stattdessen führen diese Maßnahmen zu einer verstärkten „Fördermittelkonkurrenz“ mit dem Ergebnis, dass für die größeren und verkehrlich wichtigen Maßnahmen immer weniger Mittel aus dem ohnehin begrenzten Topf zur Verfügung stehen werden.

In einem nächsten Schritt hat die Landesregierung im vergangenen Jahr eine generelle Absenkung der Förderquote des LGVFG von bislang 75 Prozent auf 50 Prozent, die Umstellung auf eine reine Festbetrags-finanzierung und zugleich eine weitere Ausweitung der Fördertatbestände beschlossen. Bei einer Absenkung der Förderquote von 75 auf 50 Prozent verdoppelt sich der kommunale Eigenanteil an den jeweiligen Vorhaben. Nach Einschätzung des Städtetags wird dies Insbesondere bei größeren, verkehrlich wichtigen und sinnvollen Projekten häufig die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen übersteigen und damit das „Aus“ für die Projekte bedeuten.

Mit der Änderung der Förderpraxis hin zu einer reinen Festbetragsfinanzierung verlagert das Land zudem sämtliche finanziellen Risiken, die mit der Realisierung von Verkehrsprojekten einhergehen, auf die Kommunen. Entsprechende Kostensteigerungen müssen künftig komplett von den Kommunen getragen werden.
Nun soll eine nochmalige Ausweitung der Fördertatbestände des LGVFG erfolgen. Neben „kleineren“ Maßnahmen wir Fußgängerinfrastruktur, Lärmschutz außerhalb oder Wieder-vernetzungsmaßnahmen an Straßen etc. soll unter anderem auch der barrierefreie Ausbau des ÖPNV als neuer Fördertatbestand in das LGVFG aufgenommen werden. Allerdings plant das Land nach derzeitigem Kenntnisstand auch diesmal nicht, die vom Bund bis 2019 bereitgestellten Entflechtungsmittel in Höhe von jährlich 165 Mio. Euro aus originären Landesmitteln zu erhö

GVFG:

Für Vorhaben, die aus dem Bundes-GVFG finanziert werden, ist das Land zu einer Komplementärfinanzierung verpflichtet. Seit Jahren gibt es Schwierigkeiten mit dieser Komplementärfinanzierung. Nachdem das Land schon bislang seinen Komplementäranteil teilweise durch eine Vorwegentnahme aus dem Kommunalen Investitionsfonds in Höhe von jährlich 30 Mio. Euro deckte, hat es nun signalisiert, dass eine erhebliche Finanzierungslücke besteht, die das Aus für mehrere kommunale Großvorhaben bedeutet hätte. Bis zum Jahr 2019 bestehe aus heutiger Sicht ein Landeskofinanzierungsbedarf in Höhe von rund 290 Mio. Euro. Unter Berücksichtigung des bislang schon bereitgestellten kommunalen Anteils von 30 Mio. Euro p.a. bestehe eine Deckungslücke in Höhe von rund 110 Mio. Euro oder 22 Mio. Euro p.a. ab dem Jahr 2015. Das Land hat sich bereit erklärt, einen Anteil von 11 Mio. Euro p.a. aus umgeschichteten Landesmitteln zu übernehmen – unter der Voraussetzung, dass auch der kommunale Anteil nochmals um 11 Mio. Euro p.a. erhöht wird. Um die Realisierung der bereits im Planungsstadium befindlichen kommunalen Groß-Projekte nicht zu gefährden, hat der Städtetag einer Erhöhung dieser Vorwegentnahme aus dem Kommunalen Investitionsfonds auf künftig mehr als 40 Mio. Euro zugestimmt. Aus diesen Mitteln wird das Land künftig „seinen“ Komplementäranteil an der Bundesförderung finanzieren.


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