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P 354/2019 Az.: 047.43 / Stadtrat Schützinger Villingen-Schwenningen wird nicht geehrt (15.10.2019)

PRESSEINFORMATION Geschäftsführendes  
Vorstandsmitglied

Bearbeiterin
Christiane Conzen
 
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F 0711 22921-42
 
Az 047.43 - P 354/2019 · Co
 

15.10.2019

 

Städtetag ehrt Stadtrat Jürgen Schützin-ger aus Villingen-Schwenningen nicht

 
 
Stuttgart/Villingen-Schwenningen. Die Stadt Villingen-Schwenningen wird am 16. Oktober 2019 verdiente Ratsmitglieder im Namen des Städtetags Baden-Württemberg ehren. Der Städtetag bestätigte bei der Bewilligung der Ehrungsanträge versehentlich, er werde auch Stadtrat Jürgen Schützinger für 40-jähriges Wirken im Gemeinderat mit seinem Verdienstabzeichen in Gold mit Lorbeerblatt ehren. Der Städtetag bedauert dies und stellt gleichzeitig klar: Diese Ehrung wird nicht erfolgen.
 
 
Der Städtetag begründet diese Entscheidung wie folgt:
 
Für die Städtetagsehrung von Gemeinderatsmitgliedern für deren Ratsarbeit müssen laut Ehrungsordnung des Städtetags folgende Voraussetzungen gegeben sein:
 
1.   Die Ratsarbeit muss langjährig erfolgt sein.
Das Kriterium „langjährig“ erfüllt Stadtrat Jürgen Schützinger, denn er gehört dem Gemeinderat Villingen-Schwenningens seit 40 Jahren mitgliedschaftlich an und für diese Amtsdauer sieht die Ehrungsordnung des Städtetags eine Ehrung vor.
 
2.   Die Ratsarbeit muss verdienstvoll erfolgt sein.
Das Kriterium „verdienstvoll“ erfüllt Stadtrat Jürgen Schützinger nicht.
Bei der Beurteilung, ob das Kriterium „verdienstvoll“ erfüllt ist, ist zunächst das Verhalten und die Mitarbeit eines Ratsmitglieds bei seiner Gemeinderatstätigkeit heranzuziehen. Grundsätzlich kann nur die antragstellende Stadt beurteilen, ob Verhalten und Mitarbeit eines Ratsmitglieds während seiner ehrungsrelevanten Amtszeit in einer Weise gegeben waren, die eine Städtetagsehrung rechtfertigen. Die Stadtverwaltung Villingen-Schwenningen bejahte dies im Falle von Jürgen Schützinger. Der Städtetag zieht diese Bewertung nicht in Zweifel.
Gemeinderatsmitglieder haben jedoch über ihren unmittelbaren Wirkungsbereich hinaus auch eine tragende Rolle für den demokratischen Rechtsstaat und damit herausragende Vorbildfunktion für die demokratische Gesellschaft. Sie gehören nach § 23 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg dem Hauptorgan Gemeinderat einer Stadt an. Damit bilden sie das Fundament der kommunalen Demokratie, die in Artikel 28 des Grundgesetzes und Artikel 71 der Landesverfassung Baden-Württembergs verankert und garantiert ist. Gemeinderatsmitglieder müssen sich daher zum demokratischen Staats- und Gemeinwesen uneingeschränkt bekennen.

Stadtrat Jürgen Schützinger war während seiner 40-jährigen ehrenamtlichen Tätigkeit im Gemeinderat von Villingen-Schwenningen zugleich etwa 19 Jahre Landesvorsitzender der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Nach seinem Ausscheiden aus diesem Amt übernahm Stadtrat Jürgen Schützinger die herausgehobene Funktion des Landespressesprechers der NPD, die er bis heute innehat. Er gehört damit weiterhin zu den bekanntesten Parteifunktionären und Repräsentanten der NPD in Baden-Württemberg.
 
Das Bundesverfassungsgericht bewertete die NPD im Zuge des NPD-Verbotsverfahrens wie folgt:
 
„Die NPD vertritt ein auf die Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtetes politisches Konzept. Sie will die bestehende Verfassungsordnung durch einen an der ethnisch definierten „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären Nationalstaat ersetzen. Ihr politisches Konzept missachtet die Menschenwürde und ist mit dem Demokratieprinzip unvereinbar. Die NPD arbeitet auch planvoll und mit hinreichender Intensität auf die Erreichung ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Ziele hin.“

(Quelle: Pressemitteilung Nr. 4/2017 vom 17. Januar 2017 des Bundesverfassungsgerichts)
 
Stadtrat Jürgen Schützinger wirkt demnach langjährig an führender Stelle der NPD an der Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Deutschland und damit an der Abschaffung der vom Grundgesetz garantierten kommunalen Demokratie in Baden-Württemberg mit, auf der ein Gemeinderatsmandat in Baden-Württemberg fußt. Er behielt seine Führungsfunktion in der NPD auch bei, nachdem das Bundesverfassungsgericht das politische Konzept der NPD am 17. Januar 2017 unmissverständlich als mit dem Demokratieprinzip unvereinbar bewertet hatte. Dass dies nicht verdienstvoll und damit nicht ehrungswürdig im Sinne der Städtetagsehrungsordnung ist, bedarf keiner weiteren Begründung.
 
 
 
 

Hinweis für die Medienvertreter:
Die Ehrungsordnung des Städtetags Baden-Württemberg in aktueller Fassung vom 24. März 2014 ist angefügt. Die Entscheidung, Jürgen Schützinger nicht zu ehren, beruht auf Ziffer 2 Abschnitt 4: „Der Städtetag Baden-Württemberg kann Oberbürgermeistern, Bürgermeistern und Ratsmitgliedern trotz Erreichen der erforderlichen Tätigkeitsdauer die Ehrung verwehren, sofern diese sich als nicht ehrungswürdig erwiesen haben.“
 
 

 
 


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