Städtetag ehrt Stadtrat Jürgen Schützin-ger aus
Villingen-Schwenningen nicht
Stuttgart/Villingen-Schwenningen. Die Stadt Villingen-Schwenningen wird am 16.
Oktober 2019 verdiente Ratsmitglieder im Namen des Städtetags
Baden-Württemberg ehren. Der Städtetag bestätigte bei der
Bewilligung der Ehrungsanträge versehentlich, er werde auch Stadtrat
Jürgen Schützinger für 40-jähriges Wirken im Gemeinderat
mit seinem Verdienstabzeichen in Gold mit Lorbeerblatt ehren. Der
Städtetag bedauert dies und stellt gleichzeitig klar: Diese Ehrung wird
nicht erfolgen.
Der Städtetag begründet diese Entscheidung wie folgt:
Für die Städtetagsehrung von Gemeinderatsmitgliedern für deren
Ratsarbeit müssen laut Ehrungsordnung des Städtetags folgende
Voraussetzungen gegeben sein: 1.
Die Ratsarbeit muss langjährig erfolgt sein.
Das Kriterium langjährig erfüllt Stadtrat Jürgen
Schützinger, denn er gehört dem Gemeinderat Villingen-Schwenningens
seit 40 Jahren mitgliedschaftlich an und für diese Amtsdauer sieht die
Ehrungsordnung des Städtetags eine Ehrung vor. 2.
Die Ratsarbeit muss verdienstvoll erfolgt sein.
Das Kriterium verdienstvoll erfüllt Stadtrat Jürgen
Schützinger nicht.
Bei der Beurteilung, ob das Kriterium verdienstvoll erfüllt
ist, ist zunächst das Verhalten und die Mitarbeit eines Ratsmitglieds bei
seiner Gemeinderatstätigkeit heranzuziehen. Grundsätzlich kann nur
die antragstellende Stadt beurteilen, ob Verhalten und Mitarbeit eines
Ratsmitglieds während seiner ehrungsrelevanten Amtszeit in einer Weise
gegeben waren, die eine Städtetagsehrung rechtfertigen. Die
Stadtverwaltung Villingen-Schwenningen bejahte dies im Falle von Jürgen
Schützinger. Der Städtetag zieht diese Bewertung nicht in Zweifel.
Gemeinderatsmitglieder haben jedoch über ihren unmittelbaren
Wirkungsbereich hinaus auch eine tragende Rolle für den demokratischen
Rechtsstaat und damit herausragende Vorbildfunktion für die demokratische
Gesellschaft. Sie gehören nach § 23 der Gemeindeordnung für
Baden-Württemberg dem Hauptorgan Gemeinderat einer Stadt an. Damit bilden
sie das Fundament der kommunalen Demokratie, die in Artikel 28 des
Grundgesetzes und Artikel 71 der Landesverfassung Baden-Württembergs
verankert und garantiert ist. Gemeinderatsmitglieder müssen sich daher zum
demokratischen Staats- und Gemeinwesen uneingeschränkt bekennen.
Stadtrat Jürgen Schützinger war während seiner 40-jährigen
ehrenamtlichen Tätigkeit im Gemeinderat von Villingen-Schwenningen
zugleich etwa 19 Jahre Landesvorsitzender der Nationaldemokratischen Partei
Deutschlands (NPD). Nach seinem Ausscheiden aus diesem Amt übernahm
Stadtrat Jürgen Schützinger die herausgehobene Funktion des
Landespressesprechers der NPD, die er bis heute innehat. Er gehört damit
weiterhin zu den bekanntesten Parteifunktionären und Repräsentanten
der NPD in Baden-Württemberg.
Das Bundesverfassungsgericht bewertete die NPD im Zuge des
NPD-Verbotsverfahrens wie folgt:
Die NPD vertritt ein auf die Beseitigung der bestehenden freiheitlichen
demokratischen Grundordnung gerichtetes politisches Konzept. Sie will die
bestehende Verfassungsordnung durch einen an der ethnisch definierten
Volksgemeinschaft ausgerichteten autoritären Nationalstaat
ersetzen. Ihr politisches Konzept missachtet die Menschenwürde und ist mit
dem Demokratieprinzip unvereinbar. Die NPD arbeitet auch planvoll und mit
hinreichender Intensität auf die Erreichung ihrer gegen die freiheitliche
demokratische Grundordnung gerichteten Ziele hin.
(Quelle: Pressemitteilung Nr. 4/2017 vom 17. Januar 2017 des
Bundesverfassungsgerichts)
Stadtrat Jürgen Schützinger wirkt demnach langjährig an
führender Stelle der NPD an der Beseitigung der freiheitlichen
demokratischen Grundordnung in Deutschland und damit an der Abschaffung der vom
Grundgesetz garantierten kommunalen Demokratie in Baden-Württemberg mit,
auf der ein Gemeinderatsmandat in Baden-Württemberg fußt. Er behielt
seine Führungsfunktion in der NPD auch bei, nachdem das
Bundesverfassungsgericht das politische Konzept der NPD am 17. Januar 2017
unmissverständlich als mit dem Demokratieprinzip unvereinbar bewertet
hatte. Dass dies nicht verdienstvoll und damit nicht ehrungswürdig im
Sinne der Städtetagsehrungsordnung ist, bedarf keiner weiteren
Begründung.
Hinweis für die Medienvertreter:
Die Ehrungsordnung des Städtetags Baden-Württemberg in aktueller
Fassung vom 24. März 2014 ist angefügt. Die Entscheidung, Jürgen
Schützinger nicht zu ehren, beruht auf Ziffer 2 Abschnitt 4: Der
Städtetag Baden-Württemberg kann Oberbürgermeistern,
Bürgermeistern und Ratsmitgliedern trotz Erreichen der erforderlichen
Tätigkeitsdauer die Ehrung verwehren, sofern diese sich als nicht
ehrungswürdig erwiesen haben.
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